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Montag
29.08.2011

UBI-Präsident Roger Blum nahm im Rahmen der Medienkonferenz in Basel am Freitag auch Stellung zu Umfragen vor Wahlen und Abstimmungen. Ein Thema, das in den letzten Monaten in der Schweiz ja durchaus kontrovers diskutiert wurde. Das Parlament hat es jedoch abgelehnt, Meinungsumfragen vor Wahlen und Abstimmungen zu verbieten, wie es Nationalrat Christoph Mörgeli (SVP) in einer parlamentarischen Initiative verlangt hatte. Ebenfalls verworfen wurde eine Motion der Staatspolitischen Kommission, welche gesetzliche Rahmenbedingungen für die Publikation von Meinungsumfragen verlangt hatte.

Relevant für Radio und Fernsehen, für welches die UBI zuständig ist, sind die Umfragen und Studien der GfS Bern mit Claude Longchamp. Gegen Sendungen, in denen über Umfrageergebnisse der GfS Bern berichtet wurde, sind bislang neun Beschwerden eingegangen. Beschwerdeführer ist allerdings stets die gleiche Person, wie Roger Blum berichtete: Ein emeritierter Mathematikprofessor, der in theoretischer Statistik hoch kompetent sei und daher regelmässig die Methoden der GfS Bern infrage stelle.

Blum wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Aufgabe der UBI rein rundfunkrechtlicher Natur sei. Die UBI habe lediglich zu beurteilen, ob die Präsentation der Umfrageergebnisse in Radio und Fernsehen programmrechtlichen Grundsätzen und vor allem dem Sachgerechtigkeitsgebot genüge.

Entscheidend für die UBI sei, ob sich die GfS Bern an die Regeln der Branche, wie sie durch den Europarat und den Verband swiss interview festgelegt wurden, hält. Die GfS sei Mitglied des Verbands Schweizer Sozialforscher und der European Society for Opinion and Marketing und dadurch zur strikten Einhaltung der branchenüblichen Qualitätsstandards sowie der berufsethischen Normen und Richtlinien verpflichtet.

Die UBI prüfe nicht selbst, ob die Methoden der GfS Bern wissenschaftlichen Anforderungen genügten. Sie prüfe nur, ob die Vermittlung der Umfragen rundfunkrechtlichen Grundsätzen entspreche, konkret: Ob die Vermittlung nach den Regeln des sogenannten Präzisionsjournalismus erfolge.

Das Konzept des Präzisionsjournalismus, so dozierte Blum am Freitag an der Pressekonferenz, gehe auf den amerikanischen Kommunikationswissenschaftler Philip Meyer zurück. Demnach sollte es in jeder Redaktion Medienschaffende geben, die in der Lage sind, mit sozialwissenschaftlichen und statistischen Daten umzugehen und diese korrekt und verständlich zu interpretieren.

Präzisionsjournalismus bedeute, dass die Ergebnisse der Meinungsumfragen nicht marktschreierisch, sondern präzise und differenziert vermittelt werden. Der Präzisionsjournalismus verlange zudem, dass die Medienschaffenden angeben, wie viel Prozent der Stimmberechtigten «sicher» und wie viele «wahrscheinlich» eine Partei oder einen Kandidaten wählen wollen, wie gross die Fehlerquote ist, wie viele Stimmberechtigte befragt wurden, wann die Umfrage durchgeführt wurde und durch wen. Die UBI stelle bei ihrer Prüfung von Abstimmungs- und Wahlumfragen in den Vordergrund, ob dem Publikum alle nötigen Informationen vermittelt wurden, um sich eine eigene Meinung bilden zu können.

Mehrheitlich habe die UBI den Medienschaffenden der SRG ein gutes Zeugnis ausstellen können, wie Blum abschliessend berichtete. Zwei Beschwerden (bezogen auf drei Sendungen) habe sie zwar teilweise gutgeheissen, weil nicht differenziert genug berichtet worden sei. Fünf Beschwerden (bezogen auf acht Sendungen) habe sie hingegen abgewiesen und damit zum Ausdruck gebracht, dass dem Präzisionsjournalismus Genüge getan wurde. Auf eine Beschwerde ist die UBI nicht eingetreten.