Die Verlagshäuser NZZ-Mediengruppe, Ringier und Tamedia lancieren mit Premium Publisher Network (PPN) ein gemeinsames Onlinewerbenetzwerk. Wie genau soll das funktionieren? Wenn Konkurrenten mit einer gemeinsamen Internet-Abdeckung von 74 Prozent (Net-Metrix) plötzlich ein «transparentes» Werbenetz anbieten. Die Teil-Quadratur des Kreises, die auch die Wettbewerbshüter interessieren dürfte, erläutert Pierre Bohren, Projektleiter Onlinerntwicklung bei Tamedia, gegenüber dem Klein Report.
Klein Report: Ab wann startet www.ppn.ch?
Pierre Bohren: «Aufgrund der Unternehmensgrösse aller drei teilnehmenden Medienhäuser ist die Meldung bei der Eidgenössischen Wettbewerbskommission Pflicht. In der Regel dauert die Prüfung durch die Weko zwischen zwei und sechs Monaten. Wir sind angesichts des intensiven Wettbewerbs im Bereich der Performance- und Targetingwerbung, insbesondere mit grossen internationalen Anbietern wie Google oder Facebook, sehr zuversichtlich, dass die Wettbewerbskommission unserem Projekt zustimmen wird und wir im ersten Quartal 2012 mit PPN starten können.»
Wer hat die Managementführung bei der PPN Schweiz AG?
Bohren: «Die PPN Schweiz AG wird nach der Zustimmung durch die Wettbewerbskommission gegründet und von den beiden Co-Leitern Marco Billeter und Tony Hrnek geführt werden. Marco Billeter ist eidg. dipl. Wirtschaftsinformatiker und hat über 15 Jahre Erfahrung im Auf- und Ausbau von Vertriebsaktivitäten in der Softwarebranche. Er war als Verkaufsleiter in verschiedenen nationalen und internationalen Firmen wie IBM, Microsoft, SAS Institute, Information Builders und Fast Search & Transfer tätig. Tony Hrnek war während zwölf Jahren in Werbeagenturen tätig, zuletzt bei Wirz Werbung AG als Beratungsgruppenleiter und Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung. In dieser Zeit hat er sich zum eidg. dipl. Marketing- und Kommunikationsleiter weitergebildet sowie ein Executive MBA Marketing an der Hochschule für Wirtschaft in Zürich abgeschlossen. 2010 haben Marco Billeter und Tony Hrnek die Firma Finch Switzerland AG gegründet, die sich im Bereich des Suchmaschinenmarketings auf die automatisierte Pay-Per-Click-Optimierung spezialisiert hat.»
Wer vermarktet PPN im Markt, bei Werbetreibenden?
Bohren: «PPN wird von der PPN Schweiz AG mit Unterstützung der Verkaufsabteilungen der beteiligten Medienhäuser vermarktet.»
Wer macht die ganze technische Abwicklung? Das Reporting?
Bohren: «Technisch basiert PPN auf der Technologieplattform der norwegischen Firma Cxense AS, die unter der Leitung des Internetpioniers John Markus Lervik entwickelt wurde. Cxense AS stellt das technische Know-how zur Verfügung und sorgt in enger Zusammenarbeit mit der PPN Schweiz AG für die technische Abwicklung und das Reporting. Die einzelnen Medienhäuser erhalten dabei jeweils nur auf ihre eigenen Umsatz- und User-Statistiken Zugriff.»
Und wem gehört die Firma zum heutigen Zeitpunkt?
Bohren: «Die PPN Schweiz AG wird von Cxense AS gegründet und ist in deren Besitz. Die NZZ-Mediengruppe, Ringier und Tamedia haben jedoch die Möglichkeit, die PPN Schweiz AG bis 2013 mit je 33,3 Prozent vollständig zu übernehmen.»
Was ist der Grund für dieses Vorgehen?
Bohren: «Bei der Lancierung eines solchen Projektes ist die technische Lösung und Umsetzung von grosser Bedeutung. Daher war es allen Medienhäusern wichtig, einen starken Partner für Technologie und Vermarktung zu gewinnen und diesen auch am unternehmerischen Risiko respektive dem möglichen Erfolg partizipieren zu lassen.»
Wie ist die Verbindung zur Cxense SA?
Pierre Bohren: «Mit der gemeinsamen Lancierung des Premium Publisher Network gingen die Medienhäuser mit Cxense AS eine enge Partnerschaft ein. Die Medienhäuser sind jedoch nicht an der Cxense AS beteiligt.»
Wer nimmt von der NZZ, Ringier und Tamedia Einsitz im Verwaltungsrat?
Bohren: «Im Verwaltungsrat nehmen voraussichtlich folgende Personen Einsitz: Von der NZZ Peter Hogenkamp, von Ringier Caroline Thoma und von Tamedia Christoph Tonini.»
Nach der Einführungsphase stehe PPN auch reichweitenstarken Websites anderer Unternehmen zur Teilnahme offen, heisst es. Was muss man sich darunter vorstellen?
Bohren: «Websites, die gewisse Qualitätskriterien erfüllen, können sich PPN anschliessen. Zu den Qualitätskriterien gehören beispielsweise die NET-Metrix-Audit-Zertifizierung oder der Einsatz eines State-of-the-Art Adservers. So können wir die Qualität des Premium Publisher Networks sicherstellen.»
Weshalb soll PPN ein «neutrales Performance- und Targeting-Netzwerk» sein, wenn es ein Zusammenschluss verschiedener publizistischer Anbieter ist? Gerade durch den Zusammenschluss ist PPN nicht «unabhängig». Weshalb argumentiert man trotzdem so?
Pierre Bohren: «PPN kann von allen Werbeauftraggebern, Mediaagenturen, Vermittlern und Vermarktern zu denselben Konditionen gebucht werden. So stellen wir sicher, dass jeder Werbekunde, unabhängig von seinem gewünschten Buchungskanal, bei PPN Performance- und Targetingwerbung buchen kann.»
Das Netzwerk würde gemäss Netmetrix-Profil 74 Prozent aller Schweizer Internetnutzer erreichen. Da sieht schon ein kurzsichtiger Mensch, dass hier eine Monopolisierung im Gange ist. Was sind die Argumente von PPN?
Bohren: «Der Markt für den Betrieb und die Vermarktung von Netzwerkwerbung wird heute von internationalen Anbietern wie namentlich Google, Zanox (Axel Springer/Publigroupe), Adconion, Tradedoubler und Facebook dominiert. Erst kürzlich beschlossen die Internetschwergewichte Yahoo, AOL und Microsoft (MSN), als Gegengewicht zu Google ein eigenes gemeinsames Netzwerk aufzubauen, das mittelfristig auch in der Schweiz aktiv werden dürfte. Durch unser Angebot entsteht in der Schweiz erstmals eine echte Alternative zu den marktmächtigen Anbietern aus dem Ausland, dies stärkt den Wettbewerb und ist im Interesse der Schweizer Werbekunden.»