480 Teilnehmer waren für den Communications Summit 2012 in der ETH Zürich am Dienstagabend angemeldet gewesen, und trotz Eiseskälte kamen noch viel mehr, wie David Strohm, Präsident des Zürcher Pressevereins, stolz vermelden durfte. «Über 600!» Hatte sie der Vortrag von SRG-Generaldirektor Roger de Weck zu «Service public im digitalen Zeitalter» angelockt oder der anschliessend von «ECO»-Moderator Reto Lipp gelenkte Schlagabtausch zwischen staatlichen und privaten Medien, der nächsten Monat ja zu einem Ende kommen soll?
De Weck gab sich entschieden in der Sache, jedoch überaus sanft im Ton: «Wir erleben eine Zäsur, die so einschneidend ist wie 1450 die Erfindung des Buchdrucks. Mit dem Internet sind wir in ein neues Zeitalter eingetreten und nebst dem Eingang durch die Haupttür, den TV-Kanal, gibt es jetzt auch einen Nebeneingang, das Internet, der immer wichtiger wird. Das Internet ist gleichsam das neue Papier, nur kann es so viel mehr als Papier.»
Und auf dieses Papier will die SRG nicht verzichten, trotz enormer Zuschüsse vom Staat. «Es muss neben dem Boulevardprinzip auch noch das Service-public-Prinzip geben, ein Nebeneinander von interessant und relevant», so de Weck, der mit der SRG in grossen Teilen einem Boulevardmedium vorsteht. So ganz in die Boulevardecke mochte sich Christoph Bauer, CEO der AZ-Medien (de Weck: «der wichtigste private Player neben der SRG und ein willkommener!»), dann zwar doch nicht schieben lassen, aber erstaunlicherweise outete sich mit ihm erstmals ein Verlagsmanager, der eine gütliche Lösung mit der SRG kommen sieht und den Streit nicht durch ein Machtwort von Medienministerin Doris Leuthard beenden lassen will: «Unsere Gespräche mit der SRG verlaufen sehr positiv und wir werden eine Lösung finden», so Bauer.
Philip Kübler, Medienrechtler und Swisscom-Chefjurist, merkte an, dass alle Unternehmen mit staatlichem Auftrag Schranken beachten müssen: «Das ist bei der Post so, bei den SBB, bei der Suva - die Rechtsordnung setzt irgendwo eine Grenze, und das ist auch gegenüber der SRG ein legitimes Anliegen.»
Roger de Weck widersprach dem nicht und äusserte sich bescheiden: «Wir wissen sehr wohl, dass wir am 1. Januar 70 Prozent unserer Einnahmen auf sicher haben und die Privaten nicht einen Franken. Wir haben den Willen zur Partnerschaft», gab er sich grossherzig. Mit der Umstellung auf geräteunabhängige Gebührenabgaben dürfte die Einnahmen noch höher werden.
Und wie könnte eine solch partnerschaftliche Lösung nun aussehen? «Zum Beispiel ein riesiger Computer irgendwo in der Schweiz», träumt de Weck, «früher gab es Hunderte von Zeitungen, und jede hatte ihre eigene millionenteure Druckerei, die nur wenige Stunden pro Tag ausgelastet war. Wir müssen massiv umdenken: Wir sind das am meisten globalisierte Land der Welt, überall wird globalisiert, nur die Medienwelt sitzt noch immer unter der Käseglocke», glaubt de Weck.