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Mittwoch
26.09.2012

Der Schweizer Medienkongress, die Jahrestagung der Verleger, ist ein ausgezeichnetes Forum für informelle Kontakte. Auf der Bühne hingegen sind eher die Ausrutscher bemerkenswert. Beispielweise wurde in Abrede gestellt, dass die Medien ein Qualitätsproblem haben. Roger Blum hat für den Klein Report ein paar Beobachtungen festgehalten.

Die Schweizer Medienunternehmer gaben sich dieses Jahr in Lausanne ihr Stelldichein. Höhepunkt des Kongresses war die Rede der jordanischen Prinzessin Rym Ali Hussein, Journalistin und Gründerin des Jordan Media Institute, die mit einer kenntnisreichen und differenzierten Analyse der Rolle der Medien im arabischen Frühling aufwartete. Die Social Media seien wichtig gewesen, aber angesichts der geringen Verbreitung des Internets unter der Bevölkerung der meisten arabischen Länder könnten sie keine Revolution zustande bringen, dafür sei nach wie vor die mündliche Kommunikation unentbehrlich - und das Fernsehen, das die Bilder festhält und einprägt. Die 43-jährige Rym Ali Hussein war dank ihres kompetenten Auftritts der Star des Kongresses.

Da konnten die Podiumsgespräche nicht mithalten. In jenem, das sich mit dem Verhältnis von Medien und Werbung befasste, machte vor allem Gerhard Schürmann, oberster Boss der Autohandelsfirma Emil Frey, durch eigenwillige Ansichten auf sich aufmerksam: Er riet den Verlegern, ihre Journalisten zu positiver Autoberichterstattung zu verpflichten und die seiner Ansicht nach unsinnige «chinesische Mauer» zwischen Verlagen und Redaktionen einzureissen. Dem widersprach auf einem anderen Podium indirekt Albert P. Stäheli, CEO der NZZ-Gruppe, der sagte, in seinem Haus hätten die Journalisten die Freiheit zu berichten, was sie für richtig halten. Marc Walder, CEO des Ringier-Verlags, wies hingegen darauf hin, dass immer wieder Inserenten auf Redaktionen Druck ausübten. Man suche in solchen Fällen Lösungen, die beiden Seiten dienten.

Ein drittes Podium galt der Qualität der Medien. Zuerst widmeten sich die Diskutanten der Qualitätssicherung durch ethische Regeln. Während Hansi Voigt, Chefredaktor von «20 Minuten online», für seine Redaktion eine eher zurückhaltende, also ethisch strenge Praxis in Anspruch nahm, plädierte Peter Rothenbühler, publizistischer Direktor bei Tamedia romande, für eine ständige Debatte, in der aber am Schluss der jeweilige Chefredaktor zu entscheiden habe und nicht der Presserat. Qualität sei nur zu erreichen durch gute Leute, ergänzte er.

Der Zuger CVP-Nationalrat Gerhard Pfister nannte mehr Vielfalt und mehr Recherchierzeit als Qualitätskriterien. Pfister ist Präsident der Subkommission Medien der Staatspolitischen Kommission in der grossen Parlamentskammer. Er spielte das von dieser Kommission im Nationalrat durchgebrachte Postulat für eine Presseförderung herunter: Ein Postulat sei ein so schwaches Instrument, dass sein Tod gleichsam von Anfang an feststehe.

Einig war sich die Runde, dass die Qualitätsanalysen des Zürcher Medienprofessors Kurt Imhof nichts taugen. Was er publiziere, sei «Stuss». Imhof wurde sogar die Intelligenz abgesprochen. Die Diskutanten stellten überdies rundweg in Abrede, dass es bei den Medien ein Qualitätsproblem gebe. Dies rief in den anschliessenden Pausengesprächen da und dort Kritik hervor: Die eigene Qualität laufend zu überprüfen, ist auch eine Aufgabe der Medienbranche. Kurt Imhof bietet mit seiner Qualitätsuntersuchung Jahr für Jahr eine Analyse an, die zur inhaltlichen Auseinandersetzung herausfordert. Sie müsste am Medienkongress geführt werden. Einfach den abwesenden Forscher zu verunglimpfen, ist zu billig.