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Donnerstag
13.01.2011

Man wähnte sich im falschen Film, als Richard Strauss`bekanntes Motiv aus Stanley Kubricks Meisterwerk «2001: A Space Odyssey» ertönte: «Also sprach Zarathustra». Aber es sprach nicht der persische Weise und Religionsstifter, sondern der «Unruhstifter» aus dem Zürcher Seefeld. Kabarettist Lorenz Keiser zündet seinen «Big Bang». Eben mit der bekannten Zarathustra-Musik als Ouvertüre. Und so spann sich die gesellschaftskritische Performance des Zürcher Sprachkünstlers vom Urknall über den legendären eidgenössischen Schwurakt 1291 bis zur profanen politischen Gegenwart - SVP, Blocher und Europadisput inklusive - und ein bisschen darüber hinaus.

Keiser zog in seiner ironisch-vergnüglichen Art, ohne je verletzend zu sein, vom Leder. Dass der Zürcher Ex-Stapi Elmar Ledergerber wie auch Städtepartner Ernst Wohlwend, Stadtpräsident von Winterthur, ihren Spass hatten, versteht sich.

Und so palaverte Lorenz Keiser in seinem neusten Programm «Big Bang» über Neandertaler, Helvetier und Schwaben, Politiker und andere Prominenz. Er nahm die heutige Kommunikation und Sprachkonflikte zwischen den Generationen aufs Korn, befasste sich akribisch mit der Arche Noah und seinen Passagieren, mit Religions(vor)urteilen und Ängsten. Das anderthalbstündige Soloprogramm zündete mal deftig, versprühte Funken, hing auch mal durch, aber amüsierte durchweg und löste Lachsalven aus.

Das ging etwa so: «Die Schweiz feiert das Jahr des Wurms. Richtig - in der Schweiz steckt ja auch der Wurm drin.» Dem Premierenpublikum am Mittwochabend in Zürich wurden nicht nur kabarettistisch die Augen über gesellschaftliche Entwicklungen geöffnet, sondern es erhielt auch noch Kultur- und Geschichtsunterricht - etwa über den Rütlischwur (wie alles war oder hätte sein können) oder über die Schlacht bei Bibracte 58 vor Christus zwischen Helvetiern und Römern. Der Bericht ist in Cäsars «De Bello Gallico» nachzulesen. Der war einigen Premierengästen nicht geläufig. «`De Bello...` was?», fragte etwa Anne-Catherine Lang Majer, die zusammen mit ihrem Vater Bernhard Lang (Langfilm) Keisers ersten Kinofilm «Länger leben» produziert hatte.

Aber amüsant (lehrreich) wars allemal, auch für Schauspieler Hanspeter Müller Drossaart («Dällebach Kari»), der speziell Keisers Dialektgewandtheit lobte, oder Regisseur Rolf Lyssy («Die Schweizermacher»), der an einem Dokumentarfilm und einem neuen Filmdrehbuch («Unter Null») arbeitet. Auch Kollege Emil Steinberger, just mit dem Life Swiss Award ausgezeichnet, lobte Keisers Menschheitspanorama, meinte aber auch gegenüber dem Klein Report, dass man sich den Zarathustra-Auftakt hätte sparen können und manches etwas schulmeisterlich wirkte.

Das gut gelaunte «murmelnde» Premierenpublikum im sehr gut besetzten Theater im Zürcher Seefeld mit seinen 900 Plätzen war sichtlich angetan vom «Big Bang», dem Urknall und dem Aufbruch in ferne Galaxien - ohne die Schweiz. Denn die blieb lieber unter sich und allein - so Keisers Zukunftsvision. Das Stück läuft noch bis 16. April im Theater im Seefeld in Zürich, ab 10. Mai im Casinotheater Winterthur.