Am Donnerstagabend traf sich alles, was in der Medienbranche östlich von Zürich Rang und Namen hat, zum festlichen Stelldichein in der Kartause Ittingen - «Wie die alten Kartäuser von damals, schaffen auch die lokalen Medien öffentliche Räume für Begegnungen» (Pietro Supino, Tamedia-Verwaltungsratpräsident). Gastgeberin war die Tamedia-Tochter «Thurgauer Zeitung», die sich zu ihrem 200-jährigen Bestehen einen bunten Strauss an Köstlichkeiten für Kopf und Magen einfallen liess.
Journalismus im Grenzraum zu Deutschland, respektive zur Europäischen Union, sei eine besondere Herausforderung für eine regionale Zeitung, sagte der sichtlich stolze und zufriedene «Thurgauer Zeitung»-Verleger Peter Hartmeier vor den 150 Gästen. Er sei in der Ostschweiz ausserordentlich freundlich aufgenommen worden, als er vor einem halben Jahr vom Chefredaktoren-Posten des «Tages-Anzeigers» zum Verlegerjob der «Thurgauer Zeitung» gewechselt hat. «Im Gegensatz zu Zürich, wo man sich auswärts verabredet, werde ich im Thurgau oft zu den Leuten nach Hause eingeladen», so Hartmeier. Bei opulenten Festessen werde dem neuen Verleger dann jeweils schnörkellos und gradlinig gesagt, welch wichtige Rolle die «Thurgauer Zeitung» in diesem Kanton spiele - spielen sollte. In diesem Sinne wolle er auch in Zeiten der Medienkrise die Probleme lust- und kraftvoll anpacken, so Hartmeier.
Sukkurs bekam Hartmeier von Valdo Lehari, dem Präsidenten des Europäischen Zeitungsverlegerverbands (ENPA): «Die Zukunft der Zeitungen ist nicht etwa eine Frage, ob es weitergeht, sondern lediglich eine Aufgabe im Sinne einer Herausforderung.» Er sehe keine existenzbedrohende Zeitungskrise. Fakt sei hingegen, dass sich im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise auch die Medien den beiden Megatrends Globalisierung und Digitalisierung stellen müssten.
Für Offenheit und einen geografischen Weitblick plädierte auch der Luxemburger Verleger Alvin Sold in seinen «Gedanken eines Europäers». Im Gegensatz zur Schweiz, die sich für ein «modernes, also unabhängiges Land» halte, trotz formaler Distanz zur EU, aber deren Regeln oft schneller übernehme als die meisten EU-Staaten, versuche Luxemburg seit Anbeginn, auf die obersten Gremien Einfluss zu nehmen, «indem wir mittendrin sind», so Alvin Sold. Ob etwa die Medien dafür verantwortlich seien, dass die EU ein derart schlechtes Image hat, fragte Sold in den Saal. Oder noch direkter: «Ist am Ende die «Thurgauer Zeitung» schuld daran, dass die Schweiz im Dezember 1992 mehrheitlich den Beitritt zum EWR ablehnte?»
Der passionierte EU-Befürworter Sold pochte auf die Verantwortung der Medien bezüglich der politischen und kulturellen Meinungsbildung, wollte seine Rede aber nicht als Plädoyer für eine systematische Pro-Berichterstattung über die EU verstanden wissen. Dennoch: «Ein Verleger, der nicht orientiert, ist kein Verleger.» Aber Sold sprach auch seine Zweifel an Europa offen an. Er bedauere, dass Europa nicht die «kulturell reife, visionär und generös vorausblickende Grossmacht Europas» sei, die im multipolaren System ihren Platz findet. Dennoch bleibe er Fürsprecher eines «politisch föderal geeinten Europas», denn «nur Träumer sehen sich im Alleingang». Er würde sich auf jeden Fall über den EU-Beitritt der Schweiz sehr freuen.
Ebenfalls in die Kartause Ittingen gereist sind aus der Medienbranche Hans Heinrich Coninx (ehemaliger Tamedia-Verwaltungsratspräsident), Colette Gradwohl (Chefredaktorin «Der Landbote»), Philipp Landmark (Chefredaktor «St. Galler Tagblatt»), Hanspeter Lebrument (Verleger Südostschweiz Mediengruppe AG), Norbert Neininger (Chefredaktor «Schaffhauser Nachrichten»), Jan Vontobel (Chefredaktor Radio Top), sowie aus der Politik Claudius Graf-Schelling (Regierungsratspräsident Kanton Thurgau), Thomas Hurter (SVP-Nationalrat Schaffhausen), Carlo Parolari (Stadtammann Frauenfeld) und Peter Spuhler (Nationalrat Thurgau).
Samstag
28.11.2009