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Sonntag
08.11.2009

Wohin geht die Reise? Wer überlebt die grosse Printkrise? Kommen die hochspezialisierten Fachjournalisten unter die Räder? Trotz wirtschaftlichem Gegenwind und grossen technischen Herausforderungen haben die Schweizer Fachjournalisten eine solide Zukunft vor sich. Das ist die Quintessenz des 70. Weiterbildungsseminars des Verbands Schweizer Fachjournalisten SFJ.

Fachjournalist (BR) Christian Hilbrand von «chh.ch für foto text gestaltung pr» aus Luzern war am vergangenen Freitag am Fachseminar, das unter dem Motto «Quo vadis Fachjournalismus?» in den Lokalitäten der Zürich Versicherungen stattfand. Für den Klein Report fasste er einige Eindrücke zusammen:

Alle Referenten bestätigten den 50 Fachjournalisten, dass sie in der gegenwärtigen Medienkrise gute Karten haben: Glaubwürdigkeit, Fachkompetenz und die Unabhängigkeit von gebeutelten Medienhäusern sind konsistente Werte, die überdauern werden.

Daran dürfte auch die derzeitige vielzitierte «Medienkonvergenz» nichts ändern. Diese sei oft bloss der Versuch eines Auswegs aus der Krise und eine Kostensenkungsmassnahme, sagte Guido Keel, Dozent und Projektleiter am Institut für Angewandte Medienwissenschaften (IAM). Wenn sich die Redaktionen von Print, Radio, TV und Internet an grossen Newsdesks austauschen und informieren, würde dies zwar neue publizistische Möglichkeiten eröffnen; Rezepte, wie damit auch Mehrwert für die Rezipienten geschaffen werde, existieren heute jedoch noch nirgendwo.

Auch Daniel Hofer, Mitglied der Gruppenleitung NZZ und Direktor Verlage Zürich, sah die Zukunft der Fachjournalisten nicht so schwarz wie jene der etablierten Medienhäuser. Anhand von neusten Zahlen zeigte er, dass letztere derzeit querbeet in dramatische Situationen schlittern und dass der Leserschwund noch nie so dramatisch und so schnell verlief wie gerade heute. Und er legte plausibel dar, dass selbst eine überzeugende und forcierte Online-Strategie die gegenwärtigen Verluste bei den Printmedien niemals aufwiegen kann.

Freie Fachjournalisten brauchen gar kein Businessmodel und haben vielleicht gerade deshalb Erfolg, meinte Othmar Humm in einem trocken und bescheiden vorgetragenen Referat, mit dem er aber seine Zuhörer klar auf seine Seite holte. Der Geschäftsführer der Oerlikon Journalisten AG und fachjournalisten.ch belegte mit teilweise äusserst erfolgreichen Produkten, dass man nicht mit strategischen, sondern journalistisch und fachlich überzeugenden Produkten am Puls der Leser ist.

Ganz ähnlich tönte auch Verlegerin Ursula Klein vom Klein Report (kleinreport.ch) im Schlussreferat. Ihre journalistische Aktivität konzentriert sich ausschliesslich aufs Internet - aber nicht als Marktschreierin mit einer von Werbebannern vollgepfropften Medien-Website, sondern mit seriös recherchierten und formulierten Nachrichten aus der Medienwelt in einem stringent gestalteten Umfeld.

Mit dem Klein-Report-Newsletter, der zur Zeit täglich 11 820 Einzel-Abonnenten 6 Mal die Woche erreicht, und dem Internet-Portal, das pro Tag 50 000 bis 70 000 Page Impressions generiert, produziert das Team bereits eine Internet-Zeitung in der Grössenordnung einer regionalen Tageszeitung.

Damit lassen sich zwar (noch) keine Millionen verdienen, für die Existenz eines Dutzend engagierter Journalisten, Korrektoren und eines Web-Masters reicht es allemal locker.