Der De-facto-Chefredaktor der Ringier-Boulevardzeitung «Blick», Ralph Grosse-Bley, hat sich in einem internen Interview gegen Vorwürfe des Schriftstellers Martin Suter gewehrt, journalistische Grabplünderei zu betreiben. Bei der Publikation eines Fotos des Grabes mit einem Bild des verstorbenen dreijährigen Sohnes von Suter seien «die Grenzen des Respekts gewahrt und keine Bilder gezeigt (worden), die nicht bereits öffentlich waren oder die Familie schockieren könnten», lässt sich Grosse-Bley zitieren.
Das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» hatte Martin Suter betreffend den Tod seines Sohnes wie folgt zitiert: «Die meisten Medien haben bis jetzt Fingerspitzengefühl und menschlichen Anstand bewiesen. Ausser natürlich die notorischen journalistischen Grabplünderer des Verlagshauses Ringier, die nicht einmal davor zurückschreckten, ein Erinnerungsfoto meines Kindes auf dem Friedhof abzugreifen.»
Zu dieser Aussage sagt Ralph Grosse-Bley: «Selbstverständlich haben wir kein Foto des tragisch verstorbenen Kindes entwendet! Unser Fotograf hat auf dem Friedhof, und damit auf öffentlichem Grund, eine Grossaufnahme des Grabes gemacht. Dieses Bild haben wir für den Artikel im Innenteil verwendet. Die Fotografie des Kindes lag offen und für alle sichtbar auf dem Grab. Diesen Teil des Bildes haben wir für die Titelseite verwendet.»
Auf die nachfolgende Frage, ob er dies richtig findet, sagt Ralph Grosse-Bley: «Es ist die Aufgabe von Boulevard, nahe hinzuschauen und damit auch Nähe zu schaffen. Boulevard interessiert sich für die Menschen hinter den Schicksalen. Wir haben das Bild eines tragisch zu Tode gekommenen Kindes zu seinen Lebzeiten gezeigt, wie es jeder Besucher auf dem Friedhof auch sehen konnte. Wer das Bild des Kindes auf das Grab gelegt hat, wollte ja, dass es gesehen wird. Wir haben hier die Öffentlichkeit lediglich erweitert, keinesfalls aber geschaffen. Es versteht sich von selber, dass wir auf keinen Fall das Bild der Leiche gezeigt hätten.»
Schliesslich geht der «Blick»-Chef auch auf die Frage ein, ob er in einem ähnlichen Fall wieder gleich handeln würde: «Ich denke ja. Wir haben die Grenzen des Respekts gewahrt und keine Bilder gezeigt, die nicht bereits öffentlich waren oder die Familie schockieren könnten. Selbstverständlich betrachten wir aber jeden Fall, und wie wir publizistisch damit umgehen, individuell und sehr genau. Das Bemerkenswerte am vorliegenden, tragischen Fall ist, dass das Kind nicht bei einem Unfall oder in einer Naturkatastrophe verstarb, sondern beim Essen erstickte. Darüber hätten wir auch berichtet, wenn das Kind keine berühmten Eltern gehabt hätte. Eltern fragen sich doch, wie es möglich ist, dass ein Kind beim Essen erstickt. Auch dieses Phänomen haben wir in der Berichterstattung thematisiert.»
Dienstag
24.11.2009