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Donnerstag
02.12.2021

Medien / Publizistik

«Der Verband hat keinerlei Einfluss auf die Redaktionen seiner Mitglieder», sagt VSM-Geschäftsführer Stefan Wabel. (Bild © VSM)

«Der Verband hat keinerlei Einfluss auf die Redaktionen seiner Mitglieder», sagt VSM-Geschäftsführer Stefan Wabel. (Bild © VSM)

Nach Informationen des Klein Reports hat der Verband Schweizer Medien (VSM) seinen Mitgliedern Auflagen gemacht, wie und wann zeitlich koordiniert zu berichten ist übers Medienpaket, das am 13. Februar vors Volk kommt

Im Interview mit dem Klein Report, geführt von Chefredaktorin Ursula Klein, nimmt Geschäftsführer Stefan Wabel zu den Vorwürfen Stellung. 

In der Medienberichterstattung fällt auf, dass bis heute die einzelnen Verlagshäuser kaum oder nur sehr wenig über die bevorstehende Abstimmung vom 13. Februar 2022 berichtet haben, wie eine Auswertung des Klein Reports zeigt. Wie ist Ihr Eindruck vonseiten des Verbandes? 
Stefan Wabel
: «Wir haben keine umfassende Analyse vorgenommen, aber meinem subjektiven Empfinden nach wurde bisher angemessen über das Medienpaket berichtet. In den letzten Wochen standen die Vorlagen der Novemberabstimmung im Vordergrund der medialen Berichterstattung. Allen voran das Covid-Gesetz. Das ist üblich so. Mit der bundesrätlichen Medienorientierung von morgen Donnerstag erfolgt nun quasi der offizielle Startschuss für die Abstimmung im Februar. Die Berichterstattung wird in den kommenden Wochen bestimmt intensiviert.»

Dem Klein Report liegen Papiere vor, die zeigen, dass der Verband Schweizer Medien den Mitgliedern Auflagen gemacht hat, wie und wann zeitlich koordiniert zu berichten ist bis zum Abstimmungstag am 13. Februar 2022. Wie nehmen Sie dazu Stellung? Gibt es vonseiten des Verbandes Schweizer Medien irgendwelche Auflagen bezüglich der Berichterstattung?
Wabel: «Nein. Der Verband hat keinerlei Einfluss auf die Redaktionen seiner Mitglieder. Diese arbeiten in jeder Hinsicht unabhängig, weder die Verlage noch der Verband haben hier einen Einfluss auf die Berichterstattung. Wir gehen davon aus, dass die Redaktionen unserer Mitglieder das Thema in ihrer Berichterstattung ausgewogen, objektiv und neutral behandeln werden. Wie sie das bei jeder anderen Abstimmungsvorlage ebenfalls tun.»

Gemäss Recherchen des Klein Reports unterstützt der VSM das überparteiliche Komitee aus Parlamentarierinnen und Parlamentariern, in dem mehrheitlich SP-Politikerinnen und -Politiker sitzen, monetär und in Bezug auf die Führung der Geschäftsstelle, wie die kampagnenführende Agentur Farner/Rod dem Klein Report bestätigte. Da der Verlegerverband unter Pietro Supino sich politisch eher rechts positioniert hat, wirft dieses Lobbying Fragen auf. Weshalb «alimentiert», wie es im Konzeptpapier heisst, der Verlegerverband für die Kampagnen-Positionierung «eine Organisation, die glaubwürdig am linken Rand politisiert», wo man doch im richtigen Leben mit diesen Gruppen politisch eher über Kreuz ist?
Stefan Wabel: «Der VSM engagiert sich für die Interessen der privaten Schweizer Medienunternehmen. Das Medienpaket hat eine essenzielle Bedeutung für die gesamte Medienbranche. Für die Medienvielfalt, für die Meinungsbildung und ganz generell für die Demokratie in der Schweiz. Deshalb ist es legitim und geradezu notwendig, dass sich die Verlegerverbände für ein Ja zum Medienpaket engagieren. Das tun wir als Teil eines überparteilichen Komitees, in welchem sich über 80 Parlamentarierinnen und Parlmanentarier aus allen Parteien – mit Ausnahme der SVP – engagieren. Dazu kommen rund 20 Organisationen mit ganz unterschiedlichem Hintergrund: zum einen mediennahe Organisationen wie zum Beispiel die Stiftung Medienvielfalt, aber auch das Konsumentenforum oder die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Berggebiete. Der VSM steht geschlossen hinter dem Medienpaket und ist überzeugt, dass dieses der einzige und richtige Weg ist, um die Medienlandschaft in der Schweiz in den nächsten Jahren zu stärken, die Medienvielfalt zu gewährleisten und insbesondere die Berichterstattung in den Regionen zu fördern. Darum – und um nichts anderes – geht es in dieser Kampagne.»

Gemäss der Kampagne versucht man «Progressive zu mobilisieren», die «Mitte zu gewinnen», «rechts zu punkten». Weiter heisst es, dass «die Städte und die bevölkerungsreichen Kantone und Agglomerationen – inklusive Pendlerströme» mobilisiert werden müssen. Werden da nun die Pendlerzeitungen, die zur TX Group um Pietro Supino gehören, zum Einsatz kommen?
Wabel: «Jedes Mitglied des Komitees respektive das dazugehörige Unternehmen entscheidet für sich, ob und wie es sich für diese Kampagne engagieren möchte oder wie es sich zum Medienpaket stellt. Man kann aber auf jeden Fall davon ausgehen, dass auch 20 Minuten ausgewogen über Pro und Contra der Abstimmungsvorlage berichten wird.»

Wie will der Verlegerverband über die eigenen Mitglieder, deren Journalistinnen und Journalisten der dem Sinn nach «Medien-Milliardäre und gut situierte Verleger» (Referendumskomitee) für eine Berichterstattung in den eigenen Medien überzeugen?
Stefan Wabel: «Wie bereits erwähnt: Da die Trennung zwischen Verlagen und Redaktionen funktioniert, kann und will der Verband keinen direkten Einfluss auf Journalistinnen und Journalisten unserer Mitglieder nehmen. Was aber erwähnt werden kann, ist, dass auch Journalistenverbände das wichtige Medienpaket befürworten und sich für ein Ja zum Medienpaket engagieren. Denn es geht beim Medienpaket nicht um einzelne Unternehmen, sondern um eine Lösung für die gesamte Branche. Es geht um den Erhalt der journalistischen Grundversorgung, gerade auch in den einzelnen Regionen unseres Landes.»

Unter dem Stichwort «Medien berichten nicht über Medien» wurden dem Klein Report nach einem Dutzend Anfragen an die verschiedensten Verlagshäuser und Organisationen jeweils die Fragen nicht – oder noch nicht – beantwortet. Unter der Hand hiess es oft, «man dürfe im Moment nicht kommunizieren». Diesen Vorwurf könnte man als Zensur bezeichnen. Wie stehen Sie zu diesem Vorwurf?
Wabel: «Ich sage es noch einmal: Es gibt es keinerlei Vorgaben an unsere Mitglieder, Stellung oder nicht Stellung zu Medienanfragen zu beziehen. Daher können wir zu dieser These nichts sagen.»