Content:

Montag
28.02.2011

Wie wollen Politiker im eidgenössischen Wahljahr die Medien «einspannen»? Und wie gedenken Medienschaffende, den Wahlkampf zu spiegeln? Auf einem Podium in Bern war zu erfahren, wer sich schon etwas überlegt hat. Für den Klein Report berichtet Roger Blum von der Veranstaltung.

Die Konstellation war vielversprechend: Im «Q-Club» des Vereins Qualität im Journalismus, den die Medienprofessorin und Journalistin Marlis Prinzing moderierte, sassen sich zwei medienerfahrene Politiker und zwei politikvertraute Journalisten gegenüber: Als Politiker die Berner Nationalrätin Christa Markwalder (FDP), die den ersten Wahlkampf des Jahres 2011, jenen um den freien Berner Ständeratssitz, bereits hinter sich hat, und der Berner Nationalratskandidat Matthias Aebischer (SP), der nach einer Fernsehkarriere jetzt in die Politik wechseln will. Als Journalisten Fernsehchefredaktor Diego Yanez, oberster Verantwortlicher für Sendungen beim Schweizer Fernsehen wie «Tagesschau», «Arena» oder «Club», und Eva Novak, Präsidentin des Vereins der Bundeshausjournalisten und Bundeshauskorrespondentin der «Neuen Luzerner Zeitung».

Das Wahljahr 2011 ist eingeläutet: Die zwei Wahlgänge um den Berner Ständeratssitz machen den Auftakt, dann folgen die kantonalen Wahlen in Appenzell Ausserrhoden, Baselland, Zürich, Luzern und Tessin, und darauf wird der Wahlkampf um National- und Ständerat in die heisse Phase treten. Gefordert sind dabei nicht nur die Parteien und die Politiker, sondern auch die Medien. Wer gibt den Takt an? Wer gibt die Themen vor? Mit welchen Strategien arbeiten Parteien und Medien? Diese Fragen standen im «Q-Club» zur Debatte.

Welche Medienstrategien verfolgen die Politiker? Nationalrätin Christa Markwalder muss nicht speziell auf die Medien zugehen; sie ist interessant für die Medienleute, und sie fühlt sich per saldo fair behandelt. Sie finde es im Übrigen unentbehrlich, die Menschen direkt anzusprechen, sagte sie. Sie führe den Wahlkampf mit Themen. Und sie nutze Social Media (wie Facebook, Twitter). Da sie bereits den siebten Wahlkampf bestreite, könne sie viel Erfahrung und Routine einbringen.

Diese Routine geht dem politischen Neuling Matthias Aebischer ab. Er nimmt an, dass die Medienleute ihn als ehemaligen Journalisten eher kritisch sehen. Er wolle nicht aktiv auf die Medien zugehen, er wisse ja aus eigener Erfahrung, dass das diesen sowieso eher lästig sei. Er vertraut darauf, als Fernsehgesicht genug bekannt zu sein. Social Media nutze er bloss als Werbegag, bekannte Aebischer. Christa Markwalder wies ihn darauf hin, dass ehemalige Medienleute es leicht hätten im Wahlkampf, aber schwer, wenn sie einmal gewählt seien, denn dann beginne die Knochenarbeit, die sie nicht erwartet hätten und nicht gewohnt seien.

Mit welchen Strategien wollen die Medien den Wahlkampf behandeln? Bei der SRG gibt es Überlegungen, Regeln und Routinen. Diego Yanez erinnerte daran, dass man dank des Wahlbarometers die Themenprioritäten der Bevölkerung kenne (die sich übrigens stark mit den Themenprioritäten der SVP decken) und dass die SP-Anhänger dieselbe Problematik als wichtigste einstufen wie die SVP-Anhänger: die Einwanderungsproblematik. Für die Fernsehberichterstattung stehe die Relevanz der Themen im Vordergrund, sagte Yanez, und man bemühe sich, auch komplizierte Sachverhalte attraktiv aufzubereiten. Die Polarisierung könne man nicht wegdiskutieren, aber das Fernsehen wolle sie nicht vorantreiben.

Nichts von Strategien und Konzepten konnte Eva Novak für die «Neue Luzerner Zeitung» berichten. Das Wahljahr sei nichts Besonderes, da man sich ja seit Langem in einem Dauerwahlkampf befinde, sagte sie. Was in der Zeitung zum Thema werde, entscheide sich oft nach ökonomischen Kriterien: Wie verkauft sich das Blatt am besten, was kommt beim Publikum an? Indirekt bestätigte sie, dass man sich die Agenda von der Politik vorgeben lässt, indem sie sagte: «Die SVP spielt gekonnt auf der Agendaklaviatur». Die politischen Pole seien journalistisch am interessantesten, da komme halt die Mitte zu kurz.