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Mittwoch
30.11.2011

Er ist Träger des deutschen Bundesverdienstkreuzes, wurde von den Amerikanern zu einem von 500 «World Leaders of Influence» proklamiert und ist Offizier der französischen Ehrenlegion: Tomi Ungerer, der Zeichner mit dem scharfen Strich und der kritische Beobachter der Gesellschaft, der noch nie ein Blatt vor den Mund genommen hat.

An seinem 80. Geburtstag, gestern und vorgestern in Strassburg gefeiert, zeigte er aber, dass mit seine wichtigsten Bindungen in die Schweiz gehen, sprich: zum Diogenes-Verlag und dessen Gründer, dem jüngst verstorbenen Daniel Keel.

Nur mit einer Handvoll Freunde, unter ihnen der aus der Schweiz angereiste Fotograf Philipp Keel, Siebdruck-Spezialistin Bea Spillmann und Fotoprinter Ronny Ochsner, feierte Ungerer am Vorabend des grossen Festanlasses in seiner Lieblingsbeiz. Am Montagabend folgte dann die offizielle Geburtstagsfeier im Musée Tomi Ungerer; neuerdings gibts in Strassburg übrigens auch eine nach Ungerer benannte Tramstation!

«Für viele ist ein Verlag ein Geschäft, aber für mich muss er eine Familie sein», sagt Ungerer. «Ich habe Daniel Keel 1957 getroffen, wir sind zusammengewachsen, und ich bin jeden Tag dankbar dafür, einen Menschen getroffen zu haben mit so viel Talent, Sensibilität und Begeisterung.» Jetzt übernimmt Philipp Keel die Rolle seines Vaters, denn, so Ungerer: «In jeder Familie muss es einen Familienführer geben und das war für mich immer Daniel Keel.»

Der Zeichensprecher, Grossphantast, Fetischist und Schöpfer so unterschiedlicher Werke wie dem Kinderbuch-Klassiker «Die drei Räuber» oder dem Erwachsenenbuch «Das Kamasutra der Frösche» lüftete an seinem Achtzigsten übrigens auch das Geheimnis, weshalb er lieber für Kinder als für Erwachsene zeichnet: «Ich bin nicht nur ein Zeichner, ich bin ein Aufzeichner. Ich breche alle Tabus. Kinder verstehen das, Kinder sind keine Idioten.»

Dass dem so ist, haben Hunderttausende von begeisterten kleinen Lesern bewiesen, die seine über 70 Kinderbücher seit Jahrzehnten kaufen und horten.