Ab Anfang April schaffen die «SonntagsZeitung» und «Le Matin Dimanche» in Bern ein neues nationales Recherche-Desk. «Wir wollen mehr Inhalt bringen», sagte Eric Hoesli, Verantwortlicher für alle Westschweizer Publikationen der Edipresse, am Donnerstag gegenüber dem Klein Report. Die gesamte Medienbranche befinde sich in einem Umbruch und um in diesem Feld weiter zu bestehen, werde auf die vertiefte Recherche gesetzt.
Es brauche nicht nur Journalisten im Onlinebereich, es benötige ebenfalls gute Redaktorinnen und Redaktoren in Richtung investigativer Journalismus. «Das Ziel ist es, nicht nur News zu bringen, sondern ebenfalls Zeit und Ressourcen für die Hintergrundberichterstattung zu schaffen», sagte er. Und: Mit diesem Desk soll ein Unterschied auf der Ebene des investigativen Journalismus zu den Konkurrenten geschaffen werden.
Das geplante Team werde wohl siebenköpfig sein. Dabei seien drei Journalisten aus der Deutschschweiz und zwei aus der Westschweiz. Dazu würden zwei junge Journalisten kommen, die den neu geschaffenen Förderpreis der «SonntagsZeitung» und des Medienausbildungszentrums Luzern gewonnen haben. Die Gewinner erhalten die Chance, die Kunst der Recherche im Rahmen des neuen Recherche-Desks zu erlernen und in der Praxis anzuwenden. Ein vergleichbarer Förderpreis werde von «Le Matin Dimanche» in der Romandie ausgeschrieben.
Ein Teil der Redaktion sei bereits bekannt - er bestehe aus Redaktoren der «SonntagsZeitung» und von «Le Matin Dimanche». «Zurzeit sind wir aber daran, neue Leute zu rekrutieren», sagte Hoesli. Der Vorteil des welsch-deutschschweizerischen Teams liegt für Hoesli auf der Hand: «Wenn wir ein nationales Recherche-Desk schaffen wollen, brauchen wir das. Ein gemixtes Team gibt mehr Quellen und mehr Standpunkte.» Das Team des Recherche-Desks erhalte die Möglichkeit, während mehrerer Wochen an einem Thema zu recherchieren. Dadurch werde eine deutlich höhere publizistische Substanz der einzelnen Geschichten und eine reichere Faktenlage und Vertiefung angestrebt.
Das neue nationale Ressort untersteht dem Chefredaktor der «SonntagsZeitung», Martin Spieler, und der Chefredaktorin von «Le Matin Dimanche», Ariane Dayer. Sie würden gemeinsam auch Themen beschliessen und abklären, welche Recherchen gemeinsam angegangen werden sollen, so Hoesli gegenüber dem Klein Report. «Sie haben bereits jetzt regelmässig Kontakt und kennen jeweils den Inhalt der anderen Sonntagszeitung.»
Geleitet wird das nationale Recherche-Desk von Oliver Zihlmann, dem bisherigen Nachrichtenchef der «SonntagsZeitung». Diese Funktion übernimmt neu sein bisheriger Stellvertreter Matthias Halbeis.
Die Verantwortlichen hätten «hohe Erwartungen» an das Recherche-Desk. «Damit wollen wir etwas Neues lancieren; tief recherchierte und präzise Geschichten präsentieren», sagte Hoesli.
Die Journalisten werden am Dammweg in Bern, im Gebäude der «Berner Zeitung», einziehen. Das habe vor allem praktische Gründe: «Das Team braucht einen gemeinsam Ort, um zu arbeiten.» Dazu werde die Politik in Bern ebenfalls von der neuen Redaktion beobachtet.
Neues Recherche-Desk und Förderpreis - ist der Stellenwert des investigativen Journalismus in der Schweiz zu wenig hoch? «Weil die Journalisten zu wenig Ressourcen für eine vertiefte Recherche haben, haben sie gar keine Zeit für eine präzise Hintergrundberichterstattung.»