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Montag
30.08.2010

Punkt 10 Uhr ging die Medienmitteilung bezüglich des Chefredaktoren-Wechsels bei der «Basler Zeitung» (BaZ) raus. Auf 11 Uhr war die Pressekonferenz am Konzernsitz der BaZ angesetzt. Nicht weiter erstaunlich, dass diesen Termin nur die regionalen Medien sowie die Basel-Korrespondenten der SRG und des Klein Report schafften.

Im BaZ-Auditorium an der Hochbergerstrasse traten BaZ-Verleger Martin Wagner und Neo-Chefredaktor Markus Somm vor die Medien. Martin Wagner tat sein Bestes, den ebenso überraschenden wie plötzlichen Wechsel an der Redaktionsspitze als «Vorwärtsstrategie» zu verkaufen. «Meine Vorgänger haben einen regionalen und lokalen Kurs verfolgt», analysierte Wagner. Er hingegen wolle, dass die BaZ zu einer Tageszeitung mit nationaler Ausrichtung werde. Vom bekannten Medienmann Markus Somm erhofft sich Wagner, «dass die BaZ künftig auch in Zürich oder Bern gelesen wird». Somm soll offensichtlich zu einem Chefredaktor klassischen Zuschnitts aufgebaut werden. Wagner kündigte mit sichtlicher Vorfreude wöchentliche Leitartikel und Kommentare aus der Somm'schen Feder an. Der bisherige «Weltwoche»-Vize solle pointiert seine Meinung vertreten, aber auch Debatten innerhalb des Blatts ermöglichen.

Der bisherige Chefredaktor Matthias Geering, der in der Aussenwirkung tatsächlich wenig Profil gezeigt hatte, hatte für Wagners Gusto offensichtlich zu wenig Strahlkraft entwickelt. «Wir brauchen eine schweizweit bekannte Persönlichkeit an der Spitze der `Basler Zeitung`», postulierte der Verleger. Von Geering und Suter habe man sich «in good terms» verabschiedet, versicherte Wagner. Angesichts der Zielsetzung habe es für die beiden jedoch im Medienhaus keine Perspektive mehr gegeben.

Markus Somm sieht es als grosse Chance und Herausforderung, bei einer der letzten grossen unabhängigen Schweizer Tageszeitungen die Chefredaktion zu übernehmen. Er wolle Basel als «intellektuelles Zentrum der Schweiz» reanimieren. Zudem kündigte Somm an, die Recherche im Blatt zu verstärken und die interne Diskussionskultur zu fördern. Auf die Frage, ob noch weitere personelle Wechsel folgen, wollte sich Somm nicht festlegen, er müsse die Redaktion zuerst kennenlernen. Er strebe in erster Linie keine personellen Wechsel an, sondern vielmehr ein neues Klima. Er wolle, dass man bei der «Basler Zeitung» Sachen in Frage stelle und auch mal einen Perspektivenwechsel vornehme. «Bei aller Bescheidenheit: Ich denke, das kann ich einbringen, nicht zuletzt auch dank der Erfahrungen, die ich bei der `Weltwoche` gesammelt habe.»

Auf Nachfrage räumte Somm freimütig ein, dass er Basel «überhaupt nicht» kenne. Die Stadt sei für ihn «absolutes Neuland». Gerade das sei für ihn aber eine tolle Herausforderung, und er hoffe, dadurch auch einen frischen «Blick von aussen» mitzubringen. Somm beabsichtigt, nach Basel umzuziehen. Der fünffache Familienvater gab aber auch an, dass er bei diesem Schritt auf seine Kinder im Schulalter Rücksicht nehmen müsse.

Die Verpflichtung des ehemaligen «Weltwoche»-Vize Markus Somm scheint all jenen Recht zu geben, welche nach der Übernahme der «Basler Zeitung» durch Martin Wagner und den Tessiner Financier Tito Tettamanti im letzten Februar einen publizistischen Kurswechsel prophezeit hatten. Somm, der sich bei der «Weltwoche» mit akzentuiert rechtsbürgerlichen Positionen und bissigen Kommentaren profiliert hatte, gab sich an der Medienkonferenz betont gemässigt. Seine politische Positionierung beschrieb er auf Nachfrage mit der Allerweltsfloskel «liberal». Ihm sei bewusst, dass das Meinungsspektrum in der «Basler Zeitung» breiter sein müsse als bei der «Weltwoche». Er wisse natürlich auch, dass nicht alle in der BaZ-Redaktion mit ihm politisch auf einer Linie seien. Aber er freue sich auf diese Diskussionen.

Die politisch pointierten Statements kamen nur von Verleger Martin Wagner, der leicht enerviert darauf hinwies, dass das Einzugsgebiet der BaZ ja nicht nur aus der rot-grün regierten Stadt bestehe, sondern auch aus dem bürgerlich dominierten Umland. Wagner kündete zudem einen «Qualitätssprung» im Wirtschaftsressort an: Er wolle weg vom «Generalverdacht» gegenüber der Wirtschaft, den er offensichtlich bis anhin bei der BaZ ausgemacht hat. Der «kritische Recherchier-Journalismus», den Somm bei der BaZ verstärkt einbringen will, soll sich laut dem Willen des Verlegers offensichtlich nicht auf sämtliche Gebiete erstrecken.