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Freitag
21.11.2014

Medien / Publizistik

Die chinesische Journalistin Gao Yu muss wegen angeblicher Weitergabe von Staatsgeheimnissen vor Gericht. Der Prozess in Peking beginnt am Freitag.

Die prominente Regierungskritikerin wurde Ende April im Zuge einer Repressionswelle vor dem 25. Jahrestag der Studentenunruhen auf dem Tiananmen-Platz verhaftet.

Ihr wird vorgeworfen, sie habe ein geheimes Parteidokument, das sogenannte Dokument 9, an eine Website im Ausland weitergegeben. Dieses warnt vor den Gefahren universeller Menschenrechte und eines westlichen Verständnisses von Pressefreiheit für die Herrschaft der Kommunistischen Partei. Die Verantwortlichen der Webseite bestreiten jedoch, das betreffende Dokument von Gao Yu erhalten zu haben.

Zwei Wochen nach ihrer Festnahme am 24. April wurde die Journalistin Anfang Mai im chinesischen Staatsfernsehen CCTV mit einem erzwungenen Schuldeingeständnis vorgeführt. Bei einer Voranhörung am vergangenen Montag macht sie laut ihrem Anwalt geltend, sie habe es nur aufgrund von Drohungen gegen ihren Sohn Zhao Meng abgelegt. Dieser war ebenfalls wegen vermeintlichen Verrats von Staatsgeheimnissen verhaften worden, kam jedoch im Gegensatz zu seiner Mutter Ende Mai wieder frei.

«Ein unter Zwang aufgezeichnetes vermeintliches Geständnis vor Prozessbeginn im Fernsehen auszustrahlen, spricht jeglicher Rechtsstaatlichkeit Hohn und ist unerträglich für ein führendes Mitglied der internationalen Gemeinschaft», äusserte sich der Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen, Christian Mihr, dezidiert zum Prozess. Die Journalistenorganisation fordert die sofortige Freilassung der chinesischen Journalistin.

Die chinesische Führung unter Staats- und Parteichef Xi Jinping ist in den vergangenen Monaten mit neuer Härte gegen Dissidenten und kritische Journalisten vorgegangen. Für Gao Yu ist es nicht die erste Begegnung mit den chinesischen Gesetzeshütern. Schon nach den Protesten auf dem Tiananmen-Platz 1989 wurde sie zu 15 Monaten Gefängnis verurteilt. 1993 wurde wegen der Weitergabe von politischen Dokumenten eine Haftstrafe von sechs Jahren über sie verhängt.