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Freitag
04.05.2001

Der Schweizer Presserat hat eine Beschwerde gegen die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) gutgeheissen. Die Unabhängigkeit von Medienschaffenden sei in einem kleinen Staat durch die grosse Nähe zwischen Akteuren und Berichterstattern stets gefährdet, schreibt der Presserat am Freitag. Werde die Nähe zu gross, leide die Glaubwürdigkeit der Journalistinnen und Journalisten. Konkret ging es um eine Reportage des NZZ-Journalisten Max Frenkel über eine 1997 gehaltene umstrittene Rede Christoph Blochers mit dem Titel «Die Schweiz und der Zweite Weltkrieg». Später wurde durch «Facts» bekannt, dass der NZZ-Redaktor das Referat vorgängig auf Wunsch Blochers auf antisemitische Äusserungen geprüft hatte. In einem anderen NZZ-Artikel schrieb Frenkel über die Auseinandersetzung zwischen Blocher und dem «SonntagsBlick» aufgrund dessen Schlagzeilen «Blocher: Den Juden geht es nur ums Geld». Schliesslich kritisierte Frenkel einen Richter, der gegen Blocher im Zusammenhang mit der Rede eine Strafanzeige wegen Verletzung der Antirassismusstrafnorm eingereicht hatte. Die Organisation «David. Das Zentrum gegen Antisemitismus und Verleumdung» gelangte daraufhin mit einer Beschwerde an den Presserat und kritisierte die nicht offengelegte «Doppelfunktion» von Max Frenkel. Der Pressrat kritisiert mangelnde Transparenz und Unabhängigkeit bei der Berichterstattung. Frenkel hätte bei der Reportage zumindest Transparenz über seine Rolle herstellen müssen. Beim Kommentar zur Strafanzeige gegen Blocher hätte er wegen persönlicher Betroffenheit in den Ausstand treten müssen. Der Redaktor schrieb in seiner Antwort auf die Klage, man könne das Ganze nicht als «Gegenlesen» bezeichnen, da er Blocher einige wenige Stellen in der Rede als heikel herausgestrichen habe. Es sei überdies geradezu geboten, jemanden von strafrechtlich relevanten antisemitischen Äusserungen abzuhalten.