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Sonntag
11.05.2025

TV / Radio

Bei den SRG-Sendern ist bei heikleren Themen je länger, je mehr eine «Nichtberichterstattung» festzustellen. 

So sieht es der Zürcher Rechtsanwalt Emrah Erken, der in einer Popularbeschwerde bei der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) die Berichterstattung über das Uno-Hilfswerk für die Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) kritisiert.

Im zweiten Teil des Gesprächs mit dem Klein Report spricht Erken über den journalistischen Umgang mit der UNRWA, über «Cancel Culture» und die einstige Klima-Ikone Greta Thunberg.

Wie schätzen Sie die «Nichtberichterstattung» bezüglich der UNRWA ein?
Emrah Erken
: «Die SRG agierte im gerügten Zeitraum wie eine Lobby-Organisation der UNRWA und war eindeutig ein ‚political player‘. Deshalb hat sie die meinungsbildenden Vorwürfe gegen die UNRWA komplett unter den Teppich gekehrt.»

Was kritisieren sie konkret an der Berichterstattung von SRF?
Erken: «Die SRG hat den umstrittenen Flüchtlingsbegriff der UNRWA, der den Status des Erbflüchtlings geschaffen hat, noch nie kritisch thematisiert, obwohl im Jahr 2018 Bundesrat Ignazio Cassis in einem Interview genau dieses Problem ansprach. Seit mittlerweile sieben Jahren schweigt die SRG darüber, obwohl sie spätestens seit diesem Interview diese berechtigte Kritik kennen müsste. Der Erbflüchtlingsstatus beinhaltet zudem das politisch unrealistische und friedenshindernde ‚Rückkehrrecht‘, welches das Ende Israels wäre. Dieses sogenannte ‚Rückkehrrecht‘ steht zudem im Widerspruch zur sogenannten ‚Zweistaatenlösung‘.»

Was kritisieren Sie noch?
Emrah Erken: «Die SRG hat auch die Verbandelung der UNRWA mit der Hamas nicht gezeigt, obwohl das Problem bestens bekannt ist. Sie thematisierte die antisemitischen und pro-dschihadistischen Schulbücher nur extrem ungenügend und sprach auch nicht an, dass das Lehrpersonal und die Schulleitungen mit Hamas-Terroristen besetzt sind. Sie hat auch nicht gezeigt, wie radikalisiert die Kinder sind, die einer solchen ‚Schulbildung‘ ausgesetzt sind und was an den UNRWA-Schulen gelernt wird. All diese Dinge und vieles mehr, worüber die SRG ‚aus Gründen‘ geschwiegen hat, zeige ich in meiner Popularbeschwerde.»

Mit der «Nichtberichterstattung» geht automatisch auch das Thema «Cancel Culture» einher. Wie beurteilen Sie das auf Ihre Beschwerde bezogen?
Erken: «Das Thema ‚Cancel Culture‘ beschreibt in der Regel, dass bestimmte Personen, die Äusserungen getätigt haben, die dem woken Zeitgeist widersprechen, gecancelt werden. Was die SRG macht, geht darüber hinaus. Sie war begeistert von der sogenannten ‚Klima-Ikone‘ Greta Thunberg und hat über sie mehrfach berichtet. Als sie sich nach dem 7. Oktober 2023 als Pro-Hamas-Aktivistin entpuppte und ihre antisemitische Radikalisierung bekannt wurde, wurde sie gacancelt, weil dies der Klimabewegung geschadet hätte. In einem ‚Tages-Anzeiger‘-Artikel über mich wurde die SRG mit meinem Vorwurf konfrontiert, dass sie Greta gecancelt habe. Dazu meinte sie, dass Greta jede Glaubwürdigkeit verloren habe. Im Ergebnis hat sie damit meinen Vorwurf bestätigt. Da die junge Schwedin sich für den eigenen Klimaaktivismus der SRG nicht mehr eignet, weil sie zu radikal ist, wurde sie gecancelt. Sie sehen, dass diese Form von Canceln subtiler ist.»

Fühlen Sie sich als Emrah Erken benachteiligt diesbezüglich?
Emrah Erken: «Ich habe gemerkt, dass die SRG das Gefühl hat, ich sei persönlich gekränkt, weil sie mich cancelt. Sie irrt sich. Ich bin nicht scharf darauf, im Schweizer Fernsehen aufzutreten. Mir geht es um die Sache und nicht um meine Person. Ich mache kein ‚Recht auf Antenne‘ geltend. Aber die UBI, welche die SRG massiv kritisiert hat, sollte sie wirklich nicht canceln.»

Sie haben im letzten Jahr eine Beschwerde zur SRG-Berichterstattung über den Nahost-Krieg eingereicht und dabei von der UBI Recht bekommen. Was bedeutet dieser Sieg aus Ihrer Sicht für die Medienlandschaft in der Schweiz?
Erken: «Der Entscheid ist noch nicht rechtskräftig. Das will ich hier betonen. Ich habe nicht das Gefühl, dass der Entscheid bei den Medienschaffenden zu einem Umdenken geführt hat.»

Ihre Popularbeschwerde wird von 114 Mitunterzeichnerinnen und Mitunterzeichnern unterstützt. Wie kam die Unterstützung zustande?
Emrah Erken: «Meine Popularbeschwerde wird von unterschiedlichsten Menschen unterstützt. Es sind Juden dabei und Nichtjuden. Es gibt politisch linksstehende Personen und solche, die der SVP angehören. Es sind jüngere Menschen dabei, aber auch ältere. Was mich ganz besonders freut, sind die Unterschriften aus der Romandie. Die Berichterstattung von TSR ist noch tendenziöser und israelfeindlicher als jene in der Deutschschweiz. Man will es kaum glauben, aber es ist so.»

Wie schätzen Sie die Erfolgsaussichten dieser Beschwerde ein?
Erken: «Dazu will ich mich nicht äussern. Für mich ist die Aufklärung der Bevölkerung ohnehin wichtiger als ein allfälliger Verfahrenserfolg vor der UBI. Genau deshalb habe ich meine Beschwerdeschrift auch publiziert. Ich möchte, dass die Menschen in diesem Land mit den eigenen Augen sehen, dass die SRG medialen Machtmissbrauch betreibt und sich auf eine unzulässige Art und Weise als ‚political player‘ engagiert.»

Haben Sie versucht, mit der SRG eine gütliche Einigung zu erzielen und warum haben Sie auf die Vermittlungsfunktion der Ombudsstelle verzichtet?
Emrah Erken: «Ja, das habe ich. Ich habe im Zusammenhang mit einer anderen Beanstandung anfangs Jahr das Gespräch mit der SRG gesucht und eine Liste von Diskussionsgegenständen vorgeschlagen. Die Ombudsstelle und die SRG haben meinen gütlichen Einigungsversuch zurückgewiesen. Man wolle nur über mögliche Gesetzesverletzungen sprechen, hiess es. An einer juristischen Debatte habe ich überhaupt kein Interesse. Falls es sich die SRG und die Ombudsstelle, die ich als ‚Anwälte‘ der SRG wahrnehme, anders überlegen, stehen meine Türen weit offen. Wenn sie mit mir das Gespräch verweigern und die SRG an ihrem politaktivistischen Journalismus weiterhin festhält, kann sie mit weiteren Popularbeschwerden rechnen. Wie heisst es so schön? Steter Tropfen höhlt den Stein.»