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Dienstag
28.06.2011

Der Klein Report fragte bei «NZZ am Sonntag»-Chefredaktor Felix E. Müller nach, warum seine Redaktion im Lifestyle-Bereich den Neuanfang wagt und wie sich «Stil - das Magazin für Lebensart» vom etablierten «Z - Die schönen Seiten» abheben will.

Klein Report: War der Stil-Bund eher bei den Lesern oder bei den Inserenten ein Misserfolg?
Felix E. Müller: Weder noch. Der Stil-Bund polarisierte zwar wie jeder andere, etwas spezielle Bund, und hatte - wie etwa der Sportbund - eine begeisterte Fangruppe, während andere Leser diesem Thema weniger abzugewinnen vermochten. Der Stil-Bund war bei der Lancierung 2002 ein so innovatives Produkt, dass es rasch kopiert wurde. Im Laufe der Jahre wurde der Stil-Bund aber von Lifestyleprodukten im Magazinformat konkurrenziert. Diese hatten insbesondere den Vorteil, dass sie den Inserenten eine bessere Druckqualität anbieten konnten. Nicht, dass unser Druck schlecht gewesen wäre, aber wir druckten auch den Stil-Bund auf Zeitungspapier.  Luxusanbieter verlangen heute jedoch Magazinqualität. Das können wir den Lesern und den Inserenten nun mit dem Stil-Magazin bieten.

Klein Report: Bietet das Magazin auch inhaltlich mehr Qualität?
Müller: Ja. Allein schon der Umfang des Magazins wird grösser sein, als wenn wir nur die bisherigen Zeitungsseiten auf das A4-Format runterbrechen würden. Wir starten mit 32 Seiten Umfang, wobei das Verhältnis redaktionelle Seiten zu Inserateseiten etwa 4 zu 1 sein soll. Das Magazin soll nicht einfach eine Luxus- und Konsumwelt abbilden. Wir wollen näher an die Bedürfnisse der Leser heran, zum Beispiel mit Tipps, was man am Sonntag unternehmen kann. Sicher halten wir an beliebten Rubriken wie der Stil-Beratung von Jeroen von Rooijen oder der Weinkolumne von Peter Keller fest, wobei wir diese Gefässe künftig schöner und grosszügiger präsentieren können. Der Stil-Bund in der bisherigen Form war wie ein Korsett für uns, Struktur und Themenfolge waren recht starr. Wir wollen die neuen Freiheiten nutzen und im Stil-Magazin auch längere Artikel veröffentlichen.

Klein Report: Ist die bisherige Redaktion auch für das neue Magazin verantwortlich?
Müller: Katharina Blansjaar leitet wie gehabt die Redaktion, auch die anderen Redaktionsmitglieder Roberto Zimmermann, Kim Dang, Christina Hubbeling, Peter Keller und Malena Ruder schreiben weiterhin für uns. Auch Jeroen van Rooijen ist als Autor weiterhin mit von der Partie.
Einige der Pensen haben wir aufgestockt, zudem tritt David Streiff, der bisher Volontär war, eine Redaktorenstelle an. Art Director wird Claudio Gmür, der künftig zusätzlich zu «Z - Die schönen Seiten» auch das Stil-Magazin gestalten wird. Sein Pensum hat sich dadurch verdoppelt. Insgesamt haben wir etwa 250 zusätzliche Stellenprozente geschaffen. Auch das Verkaufsteam der NZZ wurde um eine Person ergänzt, die unser neues Produkt vermarkten wird.

Klein Report: Stichwort «Z - Die schönen Seiten». Wie kann sich das Stil-Magazin von jener Zeitschrift abheben, die notabene weiterhin einmal monatlich auch der «NZZ am Sonntag» beigelegt wird?
Müller: Das «Z» ist die reine Luxus-Traumwelt über Produkte, die man sich fast nicht leisten kann, es ist Hedonismus pur. Das Stil-Magazin soll die Bedürfnisse der Leserschaft besser widerspiegeln. Die Lifestyle-Welt hat sich ohnehin verändert, Nachhaltigkeitsaspekte werden immer wichtiger.
Auch was den Inseratebereich anbelangt, sind die Unterschiede deutlich: Das «Z» ist in jeder Hinsicht hoch positioniert, auch preislich. Ein Teil der potenziellen «Z»-Inserenten hat uns gegenüber signalisiert, dass sie sich die «Z»-Anzeigentarife nicht leisten wollen. Die Anzeigenpreise des Stil-Magazins sind eindeutig näher bei den Zeitungstarifen.

Klein Report: Wäre es keine Option für die «NZZ am Sonntag» gewesen, künftig auf einen Stil-Teil zu verzichten?
Müller: Zugegeben, das Stil-Magazin verursacht natürlich Mehrkosten, auch weil der Magazindruck teuer ist und die Bildredaktion anspruchsvoller ist. Doch die Investition lohnt sich aus doppelter Sicht. Es handelt sich einerseits um eine Themenpalette, die in einem Sonntagstitel vertreten sein muss. Eine «NZZ am Sonntag» ohne Themen wie Mode und Essen wäre undenkbar. Andererseits handelt es sich aus Anzeigensicht um einen interessanten Markt. Es handelt sich um eine der letzten Bastionen des Prints. Gerade die ganze Lifestyleindustrie setzt nach wie vor auf grosszügige Printwerbung statt auf die kleinen Formate, welche in den elektronischen Medien dominieren.