Vor 25 Jahren, genauer: am 25. April 1983, blamierte sich die Chefredaktion des bis anhin in Medienschaffendenkreisen hoch angesehenen deutschen Nachrichtenmagazins «Stern» bis auf die Knochen. Mit gewaltigem Getöse wurde in Hamburg an einer «internationalen Pressekonferenz» die Medien-Sensation des Jahrzehnts präsentiert: Adolf Hitlers geheime Tagebücher, aufgespürt vom «Stern»-Reporter Gerd Heidemann. Nur dumm, dass die plumpe Fälschung schon nach wenigen Tagen aufflog.
25 Jahre später liegt jetzt vom damaligen Ressortleiter Michael Seufert ein Buch («Der Skandal um die Hitler-Tagebücher») zur Geschichte aus der zeitlichen Distanz vor. Für ihn sei es «bis heute eigentlich unbegreiflich» geblieben, wie es zu der Riesenblamage kommen konnte. In einem «Stern»-Interview zum Jahrestag meint er, die Welt im Verlagshaus Gruner + Jahr sei damals «auf den Kopf gestellt» worden. «Alle Kontrollmechanismen zwischen Redaktion und Verlag waren ausser Kraft gesetzt. Die Katastrophe war programmiert.»
Bei der Suche nach dem Fälscher konnte der «Tagebuch-Entdecker» Heidemann zunächst wenig helfen. Er hatte die Hefte gegen viel Bargeld vom Stuttgarter Militaria-Händler Konrad Kujau erhalten, der sie seinerseits aus einer geheimen Quelle bekommen haben wollte. Für 60 Bände hat der «Stern» insgesamt 9,3 Millionen Mark (gut 7,7 Millionen Franken) ausgegeben. In Plastiktüten hat Heidemann das Geld zu Kujau getragen, der ihm mal einen, mal drei Bände übergab. Dass Kujau alles selbst geschrieben hatte, dämmerte Heidemann damals nicht. Er fiel auf dessen Geschichte herein, die Bände seien in einem gegen Kriegsende in Sachsen abgestürzten Flugzeug gefunden worden.
Sowohl Kujau als auch Heidemann wurden wegen Betrugs verurteilt. Kujau gab an, von dem Geld nur 2,4 Millionen Mark erhalten zu haben. Das Gericht glaubte ihm und nicht Heidemann, der beteuerte, die 9,3 Millionen komplett an Kujau weitergegeben zu haben. So erhielt der «Stern»-Reporter mit vier Jahren und acht Monaten Haft sogar die härtere Strafe aufgebrummt; Kujau kam mit zwei Monaten weniger davon. Heidemann ist noch heute verbittert und fühlt sich unfair behandelt.
Kujau machte nach der Haft seinen Namen als Fälscher zu Geld. Er malte Kopien bekannter Gemälde von Künstlern wie Salvador Dali oder Marc Chagall und signierte sie mit dem Namen des echten Meisters und seinem eigenen. Die «echten Fälschungen» verkauften sich gut. Der Meisterfälscher betätigte sich auch als Galerist und Gastronom, bis er im Jahr 2000 im Alter von 62 Jahren an Krebs starb.
Das Thema wurde auch in einem Film «verewigt»: Regisseur Helmut Dietl verfilmte «Schtonk!» 1992 mit Götz George in der Rolle des überdrehten «Stern»-Reporters.
Montag
21.04.2008