Der starke Mann bei der Affichage Holding heisst Jean-François Decaux und er stand als neuer Verwaltungsratspräsident für ein Interview dem Finanzblatt «Finanz und Wirtschaft» zur Verfügung. Er wolle die Auslandengagements von Affichage überprüfen und strategische Fehler korrigieren, gab der FuW-Journalist bekannt. Der 51-jährige Decaux, der zusammen mit seinem Bruder auch die Geschicke des französischen Branchenriesen JC Decaux leitet, will operativ eine aktive Rolle übernehmen.
Auf die brisante Frage, wann er die Affichage ganz übernehmen wolle, konterte er: «JC Decaux will Affichage nicht übernehmen. Seit zehn Jahren gibt es solche Spekulationen, und ich kann nur sagen: Sie sind falsch. JC Decaux will die strategische Beteiligung nicht über 30 Prozent des Aktienkapitals erhöhen. Ausserdem gibt es einen Vertrag, wonach die Beteiligung nicht aufgestockt werden darf. Daran halten wir uns.» Ein weiteres Problem ist Stimmrechtsbeschränkung von 5 Prozent. Da werde der Verwaltungsrat die bestehenden Statuten kritisch überprüfen und den Aktionären gegebenenfalls eine Modernisierung vorschlagen. Das habe aber keine Priorität, so Decaux weiter.
Über die Verluste der Affichage in Griechenland gab der neue VR-Präsident keine Auskunft. «Es stimmt, dass Griechenland ein laufendes Verlustgeschäft ist, aber nicht mehr lange. Ich werde mein Bestes tun, um mit dem neuen Management möglichst rasch strategische Fehler der Vergangenheit zu korrigieren. Es wird sich zeigen, ob dort eine neue Ausrichtung überhaupt möglich ist. Ein Rückzug ist nicht die einzige Option, muss aber ernsthaft in Erwägung gezogen werden.»
Obwohl sich Jean-François Decaux im Gespräch mit der Finanzzeitung zurückhaltend gibt und festhält, dass es nicht um Schuldzuweisungen gehe, kommt er dann trotzdem zum Urteil: «Der Verwaltungsrat hatte unter bestimmten Voraussetzungen für Griechenland sein Okay gegeben. Die Umsetzung des Entscheids durch die Geschäftsleitung war nicht einwandfrei, wie die Auswertung des Berichts einer unabhängigen Arbeitsgruppe zeigt.»
Aufgrund der Resultate des Griechenlandberichts habe sich JC Decaux als Aktionärin veranlasst gesehen, dem CEO Christian Kauter die Décharge nicht zu erteilen, erklärte der VR-Präsident der Affichage Holding weiter. Ob man juristische Schritte gegen die ehemalige Geschäftsleitung einleite, beantwortete er mit den Worten: «Wir müssen alles prüfen. Der Verwaltungsrat wird bald entscheiden, welche Konsequenzen aus dem vorliegenden Bericht zu ziehen sind. Affichage ist in Griechenland über den Tisch gezogen worden. Das ist bedenklich.»
Sonntag
30.05.2010