Während der Corona-Pandemie kursierten teils skurrile Verschwörungstheorien. Gemäss einer neuen Studie von Berner Medienwissenschaftlern nützt es wenig, wenn Medien die Fake News sanft widerlegen. Vielmehr müssten sie klare Kante zeigen.
Die Verschwörungserzählungen während der Corona-Pandemie griffen zum Teil zu haarsträubenden Erklärungen, die weissmachen sollten, wer oder was «in Wirklichkeit» hinter dem Coronavirus stecke.
Manche vermuteten eine Biowaffe aus China hinter dem Pandemiegeschehen. Für andere zog Bill Gates die Strippen, aber auch das 5G-Handynetz wurde mit der Pandemie in Verbindung gebracht.
Allen gemeinsam war, dass einzelne Personen oder eine kleine Gruppe, oft eine Elite, dem grossen Rest der «normalen Menschen» gezielt Schaden zufügen wolle.
Ganze 26 Prozent der Deutschschweizer Bevölkerung glaubte an Verschwörungstheorien und glaubte, Regierung und Politik wollten Angst verbreiten und führten Böses im Schilde, wie eine neue Studie, für die das Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft (IKMB) der Uni Bern unter anderem 3000 Personen befragt hat.
Verschwörungstheorien seien ein «sich selbst aufrechterhaltendes System», resistent gegen Fakten und Argumente, sagt der Berner Medienwissenschaftler Tobias Rohrbach in einem neuen Beitrag von «Uni Aktuell».
Sind zum Beispiel Belege noch nicht verfügbar, wird das vorschnell als Beweis verstanden, dass etwas vertuscht wird.
Um den Schaden am gesellschaftlichen Zusammenhalt und am Vertrauen in die politischen Prozesse einzudämmen, hat Rohrbach und sein Forschungsteam untersucht, wie man Verschwörungstheorien eingrenzen kann, bevor sie sich überhaupt erst verbreiten.
Gemäss der Studie enthielten sieben Prozent aller Textbeiträge, die von den Probanden angeschaut wurden, Verschwörungstheorien. Und dies bereits in den ersten drei Monaten, als die Pandemie Fahrt aufnahm.
Natürlich wurde viel Verschwörungsmässiges auf den Sozialen Medien herumgereicht. Aber längst nicht nur.
Auch die sogenannten Qualitätsmedien wie das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF), die «Neue Zürcher Zeitung» (NZZ) oder der «Tages-Anzeiger» berichteten manchmal unkritisch über Verschwörungsmythen, oder sogar unterstützend.
Gemäss Tobias Rohrbach geschah dies vor allem zu Beginn der Pandemie und «eher unabsichtlich»: «Damals war noch sehr vieles unklar. In diesem Kontext berichteten die Medien manchmal zu schnell über Aussagen und Gerüchte, die sich später als falsch erwiesen», so der Medienwissenschaftler weiter.
Was tun auf den Redaktionen? Klare Kante zeigen, also klar Widersprechen und verdrehte Fakten richtigstellen sind gemäss Studie das beste Gegengift gegen Verschwörungstheorien. Aber auch bewusstes Nicht-Erwähnen kann helfen, um ihre Verbreitung einzudämmen.
Nicht empfehlenswert sei dagegen, die Verschwörungserzählungen mit sanften Worten zu widerlegen. Das verstärkt gemäss Studie nur den Glauben an Verschwörungen. Und auch eine ausgewogene Berichterstattung schade mehr, als dass sie nütze.
Für Tobias Rohrbach ist dies eine Überraschung: «Journalistische Bemühungen, gegen Verschwörungstheorien anzuschreiben, reduzieren den Verschwörungsglauben. Wir konnten das zum ersten Mal anhand von Informationen aus tatsächlicher Mediennutzung im Feld zeigen und nicht nur im simulierten Experiment.»