Die «Tagesschau» hat im November 2010 gemäss der UBI einseitig über den Lohnkonflikt im Baugewerbe berichtet. Im beanstandeten Beitrag der «Tagesschau»-Spätausgabe wurden ausschliesslich der Standpunkt und die Argumente der Gewerkschaften wiedergegeben. «Die vollständige Ausblendung der Sicht der Baumeister beeinträchtigte die freie Meinungsbildung des Publikums zum thematisierten Lohnkonflikt in erheblicher Weise», teilte die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) am Donnerstag. Sie hat bereits Mitte Juni mit 5 zu 3 Stimmen eine Beschwerde des Baumeisterverbandes gutgeheissen.
Am 20. November 2010 berichtete die «Tagesschau» des Schweizer Fernsehens in ihrer Haupt- und Spätausgabe über den Stand der Lohnverhandlungen im Bauhauptgewerbe. An diesem Tag reagierten die Gewerkschaften mit grossem Unverständnis auf das aus ihrer Sicht völlig ungenügende Angebot des Schweizerischen Baumeisterverbandes. Der Lohnkonflikt hatte sich in den Tagen zuvor verschärft, nachdem die Arbeitgeber ihr bisheriges Angebot nicht erhöht und eine geplante Verhandlungsrunde abgesagt hatten. Der Schweizerische Baumeisterverband erhob daraufhin Beschwerde gegen den gut einminütigen Beitrag in der «Tagesschau»-Spätausgabe.
Im beanstandeten Beitrag wurden ausschliesslich der Standpunkt und die Argumente der Gewerkschaften wiedergegeben. Ihr Verhandlungsleiter erhielt die Gelegenheit, sich zum Lohnkonflikt und zum Angebot der Baumeister zu äussern. «Dass der Schwerpunkt des Beitrags aufgrund der tagesaktuellen Ereignisse auf der Darstellung der gewerkschaftlichen Sicht lag, ist nicht zu beanstanden», so die UBI. Mit der Erwähnung der wichtigsten Argumente der Baumeister wie der schlechten Ertragslage hätte sich für das Publikum aber «ein anderes, differenziertes Bild vom Lohnkonflikt» ergeben. «Es kann nicht vorausgesetzt werden, dass die Zuschauenden über ein entsprechendes Vorwissen über die Lohverhandlungen im Bauhauptgewerbe verfügten», tadelte die Unabhängige Beschwerdeinstanz.
«Der Umstand, dass im etwas längeren Beitrag der `Tagesschau`-Hauptausgabe auch ein Vertreter des Schweizerischen Baumeisterverbandes zu Wort kam, konnte bei der Beurteilung der Ausstrahlung der Spätausgabe nicht berücksichtigt werden», erklärte die UBI am Donnerstag. Gegenstand der Beschwerde bildete ausschliesslich der Beitrag der Spätausgabe und nicht die Gesamtheit der redaktionellen Sendungen des Schweizer Fernsehens zum Lohnkonflikt in der Baubranche.
«Auch die kürzere Sendezeit der Spätausgabe stellte keine Rechtfertigung dar, die Sichtweise der im Beitrag angegriffenen Baumeister nicht zumindest in summarischer Weise zu erwähnen», so die UBI weiter. Der Entscheid kann mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht angefochten werden.