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Montag
27.08.2012

Weshalb bleiben die Zuschauer beim Regionalsender Tele Top im Durchschnitt nur fünf Minuten dran? Um diese Frage ging es in einem vom «Tages-Anzeiger» veröffentlichten Artikel, wobei Autor Mario Stäuble seine Antwort schon gekannt zu haben schien. Unter dem tendenziösen Titel «Tele Flop» vom 21. August liess er neben Senderchef Günter Heuberger unter anderem einen Vertreter des Konkurrenten Tele Ostschweiz zu Wort kommen. Das Verdikt: Statt auf Boulevardthemen zu setzen, sende der konzessionierte Kanal mit seiner konsequenten Strategie eines Service public régional am Publikum vorbei.

«Es ist nicht so, dass Tele Top ein behördennahes Fernsehen macht, weil es mehr politische Themen aus den Regionen des Sendegebiets bringt», sagte Günter Heuberger am Freitag gegenüber dem Klein Report zum Vorwurf, sein Sender mache «Behörden-TV». Geäussert wird das in besagtem Artikel von Mario Aldrovandi, Programmleiter von Tele Ostschweiz, mit dessen Mutterhaus, der NZZ-Mediengruppe, Heubergers Firma seit Jahren im juristischen Clinch liegt.

Heuberger zu Aldrovandis Thesen: «Eine Studie der Uni Fribourg im Auftrag des Bundesamts für Kommunikation hat ergeben, dass Tele Top im Programm 18,9 Prozent Themen aus Politik und Verwaltung sendet. Der Schnitt der 13 konzessionierten Regional-TV-Sender liegt aber bei 21,4 Prozent.»

Dass die Politikberichterstattung von Tele Top nicht nur bei Politikern und Behörden Anklang findet, zeigen die Zuschauerzahlen an den Abstimmungs- und Wahlwochenenden: Über 228 000 Zuschauer schalteten gemäss den Daten von Publica Data etwa am 15. April 2012 zu den Wahlen im Kanton Thurgau ein, 205 000 waren es am 11. März 2012 bei den Wahlen in St. Gallen und im Thurgau. Davon war im «Tages-Anzeiger» freilich nichts zu lesen. Dies, obschon die Zahlen dem Journalisten übermittelt worden seien, so Heuberger.

Überhaupt die Zahlen: Mit einer Tagesreichweite von nur 102 000 Zuschauern bei einem konzessionierten Gebiet mit 1,6 Millionen Personen habe Tele Top mit 6,4 Prozent die geringste Reichweite, so der «Tages-Anzeiger». Heuberger korrigierte gegenüber dem Klein Report: «Tele Top hat nicht 102 000 Zuschauer, sondern 116 500.» Damit steht der Sender hinter TeleBärn, Tele M1 und Tele 1 und vor Tele Basel auf Platz vier, was die Zuschauerzahlen betrifft.

Die geringe Reichweite bleibt indessen Fakt, doch wie selbst im Artikel von Mario Stäuble festgehalten wird, hat sie auch mit dem vergleichsweise grossen Einzugsgebiet von Tele Top zu tun. Die kürzere Sehdauer wiederum sei massgeblich auf die Problematik mit den Regionalfenstern zurückzuführen, so Heuberger im Gespräch mit dem Klein Report. Dies sei mit dem Journalisten mehrfach und ausführlich besprochen worden.

Das jährliche Defizit seines Senders von einer halben Million Franken, so weiss Stäuble im «Tagi» weiter zu berichten, decke Heuberger mit Darlehen und den Gewinnen aus seinem profitablen Radiosender Radio Top. «Es ist nicht so, dass Gelder von Radio Top zu Tele Top verschoben werden», sagte Heuberger gegenüber dem Klein Report zu dieser Behauptung, der notabene im Artikel als reicher Sohn von Immobilienbesitzer Robert Heuberger (90) dargestellt wird, dessen Vermögen je nach Quelle auf über 500 Millionen Franken geschätzt wird. Geld wäre also im Überfluss vorhanden, insinuiert der Journalist, und da Sohn Günter im Verwaltungsrat der Familienholding sitzt, ist damit auch die Beweisführung erbracht. Heuberger junior verneint einen Zusammenhang, auch wenn die Sender in einer Immobilie der Familie eingemietet sind. Man zahle marktübliche Preise.

Hoch tendenziös wird es dann, wenn der Journalist ins Jahr 2008 zurückblendet, in dem es um die TV-Konzessionsvergabe an Tele Züri aus dem Tamedia-Konzern («Tages-Anzeiger») oder an Tele Top ging. Da sich Tele Top eher der Frage annehme «Was interessiert die Politiker?» und nicht «Was interessiert die Zuschauer?», so der Artikel, hätten sich viele Politiker und der Zürcher Regierungsrat zugunsten von Tele Top entschieden. Dann wird der Regierungsrat auch noch böswillig falsch zitiert: «Heute mag die Regierung das Tele-Top-Programm nicht mehr kommentieren.» Das sei Sache der Zuschauer.

Der Regierungsrat wiederum hat Mario Stäuble sachlich mitgeteilt, dass es nicht die Aufgabe der Regierung sei, die redaktionelle Leistung von Tele Top zu beurteilen beziehungsweise dessen Programm qualitativ einzustufen. Man habe sich im Rahmen einer Anhörung zur Konzessionsverteilung gegenüber dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) geäussert. Als Bewilligungsinstanz sei das Uvek zuständig. Und die redaktionelle Umsetzung von Medienkonferenzen des Regierungsrates sei Sache des Mediums. Man wünsche sich eine objektive Berichterstattung und gegebenenfalls eine kritische Kommentierung.