Die deutsche evangelische Medienfachzeitschrift «Message» hat in ihrer neuesten Ausgabe ein Interview mit Roger Schawinski publiziert, der darin zum ersten Mal über seine Erfahrungen als Chef des privaten Fernsehsenders Sat.1 spricht. Vor seinem Abschied habe er mehr Politik-Sendungen bringen wollen, erzählt «Roschee» darin, doch bereits nach einigen Wochen habe er das Experiment abbrechen müssen. «Ich habe die Ablehnung der jungen Zuschauer unterschätzt», zitiert ihn «Message». So sei die Sendung «Talk der Woche» aufgrund geringer Quoten bereits nach wenigen Folgen abgesetzt worden: «Im werbefinanzierten Fernsehen kann man keine Sendung über ein oder zwei Jahre durchschleppen, wenn sie massiv unter dem Senderschnitt liegt», gesteht Schawinski ein. «Irgendwann musste ich die Reissleine ziehen.»
Das Interesse der Zuschauer bestimmt bei den Privaten auch die Inhalte der Nachrichtensendungen. Schaltet das Publikum bei einem Thema ab, müssen die Macher sofort reagieren. Schawinski: «Sat.1 am Mittag analysiert das mit grossem Aufwand - und sendet möglichst nur Themen, die die Zuschauer interessieren.» Auch mit Nachrichten könne man keine starken Quoten holen, so Schawinski, aufwendige Nachrichtenproduktionen seien für den Privatanbieter zu teuer. Dürfte er die Nachrichtensendung durch Werbung unterbrechen, dann allerdings würde der Sender in das journalistische Format investierten. Der ehemalige Sat.1-Geschäftsführer kommt zu dem Schluss, dass unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten der Privatsender die Nachrichten im Grunde ganz abschaffen müsste.
Kurz vor dem Anteilsverkauf der ProSiebenSat.1 Media AG an die Lavena Holding 4 GmbH habe es zudem Druck seitens des Verwaltungsrats gegeben: «Die Braut musste immer wieder geschmückt werden», erinnert sich Schawinski, «wir mussten ständig kurzfristige Erfolge vorweisen». Dies missfiel ihm - und er verliess den Sender. - Siehe auch: TV-Gruppe ProSiebenSat.1 will Stellen abbauen
Montag
16.07.2007