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Donnerstag
07.07.2011

Gibt es Bedarf für zusätzliche freie Auslandberichterstatter? Müssen sich freie Journalisten im Ausland darauf einrichten, dass sie kaum etwas verdienen? Sind sie «glücklich, aber arm»? Unter diesem Motto berichteten vier Auslandreporter an der Jahrestagung des Netzwerks Recherche in Hamburg über ihre Arbeit. Roger Blum hat für den Klein Report protokolliert.

Was raten freie Auslandberichterstatter jenen, die ebenfalls in diesem Feld aktiv werden möchten? Man sollte ein Land oder eine Region auswählen, wo sich nicht schon Dutzende von Korrespondenten tummeln, also eher das zentrale Afrika als Kairo, eher Kalifornien als Washington, eher Madrid als Rom. Man sollte die dort gesprochene Sprache beherrschen. Und man sollte sich für eine Gegend entscheiden, wo die Lebenskosten günstiger sind als in Deutschland (oder in der Schweiz), also eher Taiwan als Japan, eher Istanbul als London.

Die Runde in Hamburg zeigte, dass Auslandjournalisten durchaus Abnehmer finden und ein gutes Einkommen erreichen, wenn sie gut recherchieren und ihre Beiträge fantasievoll verwerten. Simone Schlindwein (http://simoneschlindwein.blogspot.com) arbeitet für die taz («Die Tageszeitung») in Berlin und berichtet über afrikanische Länder wie Kongo, Uganda, Ruanda oder Burundi. Sie hat dort recherchiert, dass die mit Kindersoldaten aufgefüllte kongolesische Rebellenarmee durch einen Chef von Deutschland aus geführt wird. Mittlerweile stehe dieser Chef in Stuttgart vor Gericht, berichtete sie. Ihre Recherchen zu diesem Thema konnte sie in über 100 Beiträgen unterbringen.

Markus Böhnisch (www.boehnisch.de) hat als Kunden die Fernsehsender n-tv, «Deutsche Welle» und das Schweizer Fernsehen. Da diese Sender eine geringe gemeinsame Schnittmenge haben, könne er seine Beiträge problemlos mehrfach verwerten, erzählte er. Er berichte vor allem über Spanien, aber auch über Portugal oder Chile. Gerade die Reportagen über die Rettung der chilenischen Bergleute seien sehr begehrt gewesen.

Klaus Bardenhagen (www.taiwanreport.de) berichtet für Fernsehen, Radio, Print und Online und sitzt in der taiwanischen Hauptstadt Taipeh. Charlotte Noblet schliesslich ist eine französische Journalistin, die aus Deutschland berichtet, aber nicht nur für französische Medien, sondern auch für deutsche. Sie hat bei verschiedenen Zeitungen einen Blog. Noblet machte darauf aufmerksam, dass Medienschaffende nicht in allen Ländern so schlecht gehalten seien wie in Deutschland: In Frankreich gelten auch Freie als «festangestellt»: Sie erhalten einen Mindestlohn, ein 13. Gehalt, Urlaubsgeld, Sozialbeiträge, und sind gegen Arbeitslosigkeit versichert. Im Übrigen müsse man die Honorare mit den Abnehmern einfach aushandeln, dies gelte gerade auch für Blogs, empfahl sie.

Kurzum: Die Runde der Auslandjournalisten bot interessante Einblicke - und einen gemeinsamen Widerspruch: Das Motto des Panels «Glücklich, aber arm?» galt für sie nicht.