Immer wieder geraten «Die Sopranos» in die Kritik. Tenor der Vorwürfe: Die Mafia-Serie transportiere rassistische Vorurteile. Die italo-amerikanischen «Sopranos»-Gegner haben jetzt einen mächtigen Fürsprecher bekommen: Gianfranco Fini, italienischer Vizepremier und Chef der postfaschistischen Alleanza Nazionale. Dies meldet «Spiegel Online» am Dienstag.
Schon im Jahr 2000 hatte die American Defense Association (Aida) gegen den verantwortlichen Kabelsender HBO eine Klage angestrengt: Die Mafia-Serie transportiere «rassistische Vorturteile». Die Klage war schliesslich als unbegründet abgewiesen worden.
Vor zwei Jahren hatten die Organisatoren der jährlich in New York stattfindenden Parade zum Columbus Day, dem traditionellen italo-amerikanischen Gedenktag, ein Veto eingelegt. Auf Wunsch des amtierenden New Yorker Bürgermeisters Michael Bloomberg, selbst ein bekennender «Sopranos»-Fan, sollten zwei Stars der Serie den Marsch anführen. Die Verantwortlichen, allesamt italienischstämmige Geschäftleute, wollten die Darsteller jedoch nicht dabei haben. Die «Sopranos» porträtierten Italo-Amerikaner als «ungehobelte zwielichtige Brutalos», so einer der Organisatoren.
Auch dieses Jahr geriet die mit einem Emmy und zahlreichen anderen Kritiker-Preisen ausgezeichnete Serie wieder unter Beschuss. Schelte gab es termingerecht zur gestrigen Columbus-Day-Parade allerdings nicht nur von der italo-amerikanischen Gemeinde, sondern von höchster Regierungsstelle: Italiens Premier Gianfranco Fini fand klare Worte, bevor er zur Columbus-Day-Parade nach New York abreiste. Der Regierungsvize lobte das Engagement der Italo-Amerikaner, deren Vorfahren in die USA emigriert seien, ihre Leistung könne «keine TV-Serie rückgängig machen», zitiert der englische «The Guardian» den Politiker.
Finis Kritik passt ins aktuelle kulturpolitische Klima. Erst im August dieses Jahres hatten Italo-Amerikaner dagegen protestiert, dass dem Schauspieler Robert De Niro ehrenhalber die italienische Staatsbürgerschaft verliehen werden soll. Mit seinen Rollen in Filmen wie «Der Pate» und «Good Fellas» zementiere De Niro «das Bild des Italieners als Mafia-Gangster», hiess es in einem Brief an Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi. Absender des Schreibens waren The Order Sons of Italy in America (OSIA), eine Vereinigung, die bereits seit 1905 gegen die stereotype Präsentation von Italienern in der amerikanischen Entertainmentbranche ankämpft.
In Italien selbst gilt die Darstellung von Italo-Amerikanern im Film nicht als Problem. Die «Sopranos» laufen im italienischen Fernsehen seit drei Jahren mit grossem Erfolg und eroberten durch Kritikerlob und exzellente Quoten sogar einen Sendeplatz am Samstagabend.
Dienstag
12.10.2004