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Samstag
01.10.2022

Medien / Publizistik

Manche Papierliebhaber argwöhnen, die Zeitungsverlage könnten die Not nutzen um das E-Paper voranzubringen. Die Verlage widersprechen. (Bild © Somedia)

Manche Papierliebhaber argwöhnen, die Zeitungsverlage könnten die Not nutzen um das E-Paper voranzubringen. Die Verlage widersprechen. (Bild © Somedia)

Die Medienhäuser bereiten sich auf einen möglichen Gasmangel vor. Und schon seit Längerem kämpfen sie mit steigenden Papierpreisen – was sich mit der Energielücke weiter zuspitzen könnte.

Der Klein Report hat sich bei Schweizer Medienhäusern umgehört, wie sie sich auf die drohenden Engpässe einstellen.

Grossgeschrieben an der Zürcher Falkenstrasse wird derzeit die Absicherung des Einkaufs von Papier. «Im Rahmen des Sinnvollen und Möglichen sorgen wir vor, einschliesslich der ausgeweiteten Lagerhaltung von Zeitungspapier», sagte NZZ-Kommunikationsleiterin Karin Heim gegenüber dem Klein Report. 

Auch bei Somedia sorgt man sich ums weisse Rohmaterial. «Die Einkaufspreise sind natürlich auch bei uns sehr stark angestiegen, was die Herstellkosten massiv verteuert hat», so CEO Thomas Kundert.

Man beobachte die Entwicklungen im Papier- und im Energiemarkt mit Sorge. Somedia will «alles, was möglich ist, dafür tun, dass unsere Zeitungen den ganzen Winter über gedruckt werden.» 

«Wir denken über verschiedene Szenarien nach: Umfangreduktion, lediglich Online-Ausspielung...», sagte Emiliana Salvisberg, Kommunikationsleiterin bei den ZT Medien, die das «Zofinger Tagblatt» herausgeben.

Eine Beschränkung aufs Digitale ist auch für die NZZ eine Option. Man prüfe, wie man die Abonnenten bei einer Energiemangellage kontaktieren könne, so Karin Heim weiter. «Wir haben jene Abonnenten und Abonnentinnen angeschrieben, von denen wir noch Kontaktdaten benötigen. Auch haben wir Print-Abonnenten daran erinnert, dass sie sich für den Zugang zum E-Paper online registrieren können, um im Fall von Einschränkungen bei der Distribution der gedruckten Zeitungen den Journalismus der NZZ online zu nutzen.»

Manche Papierliebhaber argwöhnen, die Zeitungsverlage könnten die vorübergehende Papierknappheit als Vorwand benutzen, um möglichst vielen Print-Abonnenten einen Wechsel zum E-Paper aufzuschwatzen – und so letztlich Produktionskosten einzusparen. 

Für die ländlich verankerten Somedia-Zeitungen ist das kein Thema. «Wir machen die Erfahrung, dass sehr viele unserer Abonnentinnen und Abonnenten an der gedruckten Zeitung festhalten wollen. Daher steht ein forcierter Wechsel von Print zum E-Paper für uns nicht im Fokus», so Thomas Kundert weiter gegenüber dem Klein Report. 

Als Beleg für sein «Bekenntnis zum Print» verweist der CEO auf die 16 Millionen, die Somedia im letzten Jahr zusammen mit zwei Partner-Verlagen in eine neue Druckmaschine investiert habe.

Auch die alte Tante hält am Papier fest. Print sei «zentraler Bestandteil unserer mittel- und langfristigen Planung», so Karin Heim – was jedoch nicht ausschliesse, dass man jetzt Krisen-Szenarien durchspiele für eine womöglich papierlose Zeit im Winter.

Und dann geht’s ja auch noch ums Energiesparen, zu dem der Bundesrat die Haushalte und Unternehmen mit Blick auf eine Energielücke animieren will. Dazu würden an der Falkenstrasse «derzeit Massnahmen erarbeitet», sagte Karin Heim weiter. 

Auch bei der ZT Medien AG sei eine Arbeitsgruppe daran, Massnahmen zu prüfen. Vor allem Strom will man in Zofingen laut Emiliana Salvisberg sparen.

Und Thomas Kundert erwartet vom Bundesrat, dass er die Wichtigekeit der Zeitungen für die Bevölkerung «speziell in solchen Krisenzeiten» erkenne und bei einer allenfalls nötigen Kontingentierung von Strom oder Gas entsprechend berücksichtige. 

«So oder so steht für uns und viele andere Branchen Planungssicherheit an oberster Stelle.»