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Montag
10.07.2017

Medien / Publizistik

Eine öffentliche Förderung von Journalismus hält Publizistikprofessor Otfried Jarren für unausweichlich. Er schlägt vor, den Konsumenten mehr Mitbestimmung zu ermöglichen.

Diese Thesen vertritt Jarren in einem Interview in der Samstagsausgabe der «Neuen Zürcher Zeitung». Der vom Bundesrat eingesetzte Präsident der Eidgenössischen Medienkommission (Emek) meint auch, dass der Staat sich für den Qualitätsjournalismus finanziell engagieren soll.

Wie er die Zukunft der Presse beurteile, wurde er gefragt. Seine Antwort: «Drei Entwicklungen strapazieren das Geschäftsmodell der Presse. Erstens: Die Werbung geht dorthin, wo sie Menschen direkt erreicht, bei Social Media oder bei Transaktionen auf Plattformen. Zweitens: Aus einem Anbieter- wurde ein Nachfragemarkt. Mittels digitaler Endgeräte werden Informationen genutzt. Angebote sind im hohen Mass und ständig verfügbar, meist kostenlos.»

Ob er künftig auch mit einem starken Abbau von journalistischen Angeboten rechne? «Journalismus ist teuer, die Fixkosten sind hoch, nicht nur für die Auslandsberichterstattung. Journalistische Leistungen wurden bisher nicht direkt bezahlt. Es gibt kein Preis-Leistungs-Verständnis für Journalismus in der Gesellschaft. Gewiss wird es weiter Journalismus geben. Doch seine Angebote werden mehr Geld kosten als gewohnt. Und im Journalismus wird man genau rechnen müssen, was sich ökonomisch lohnt. Insoweit ist ein weiterer Abbau im Journalismus leider sehr wahrscheinlich», so Otfried Jarren.

Um den Journalismus in heutiger Form erhalten zu können, meint der Publizistikprofessor, sollte eine vom Staat finanzierte Online-Plattform für ein hochstehendes «publizistisches Angebot» sorgen, um so auch den Wettbewerb zu erweitern. «Diese Plattform `Medien Schweiz` würde das publizistische Angebot bereitstellen und auf neue Weise für die Nutzer bündeln. Der ökonomische wie publizistische Wettbewerb bliebe erhalten, ja er kann sogar stimuliert werden - so haben auch Nischenanbieter erweiterte Chancen», glaubt Jarren im Gespräch mit der NZZ. «Die Plattformbetreiber stellen die Hard- wie die Software bereit, ermöglichen den Anbietern komfortable technische Push- wie Pull-Lösungen. Die Plattform garantiert aber auch Transparenz, so bei der Verwendung von Daten, beim Einsatz der algorithmisch gesteuerten Informationsverteilung wie -nutzung.»

Eine Gretchenfrage an den Theoretiker war, was mit der möglichen Abschaffung der Gebühren mit der SRG passieren soll? Publizistische Organisationen benötigten eine Grundfinanzierung, die an die Organisation gehen muss, damit sie dauerhaft journalistische Leistungen erbringen könne: «Diese Sockelfinanzierung ist zwingend. Dass ein Teil der Haushaltabgabe, also der bisherigen Gebühren, durch die Bürger eingesetzt werden kann, sollte ernsthaft geprüft werden. Wenn der publizistische Wettbewerb über Plattformen läuft, werden sich auch die Entgeltströme ändern», kommentiert Otfried Jarren seine Zukunftsperspektiven im NZZ-Interview.