Eine Fernsehserie über die Taliban und andere selbst ernannte «Gotteskrieger» in Afghanistan erhitzt seit einigen Tagen die Gemüter in der arabischen Welt. Islamistische Extremisten sollen den Produzenten und die Mitwirkenden der TV-Serie «Der Weg nach Kabul» sogar mit dem Tod bedroht haben, falls die Taliban darin zu negativ dargestellt werden sollten.
Dabei kommen in der Serie nicht nur die frauenfeindlichen radikal-islamischen Taliban und die verschiedenen
Mudschahedin-Gruppen schlecht weg, sondern auch die Sowjetsoldaten und die US-Regierung. Die 30-Folgen-Serie, in der es auch um die Entstehung des Terrornetzwerks al-Kaida geht, beginnt in den 80er-Jahren und endet mit den Ereignissen nach den Terroranschlägen vom 11. September. «Die Serie verurteilt indirekt die Vereinigten Staaten, die aus purem Eigeninteresse diese Art von islamischen Gotteskriegern geschaffen haben», meint der ägyptische Kritiker Adel Abbas.
Nach Bekanntwerden der Morddrohungen haben mehrere Sender die Serie, die bei ihnen im Fastenmonat Ramadan laufen sollte, aus dem Programm genommen. Zu ihnen gehört auch das katarische Staatsfernsehen, das die Produktion bei einer jordanischen Firma in Auftrag gegeben hatte. Nur der saudiarabische Privatsender MBC, der über Satellit in allen arabischen Ländern empfangen werden kann, hat zum Ramadan-Beginn in der vergangenen Woche mit der Ausstrahlung von «Der Weg nach Kabul» begonnen.
Die anderen Sender betonen unterdessen, sie hätten die Serie nicht wegen der Drohung, sondern aus «technischen Gründen» aus dem Programm genommen. Sie verweisen darauf, dass zu Beginn des Fastenmonats, der als «Prime Time» im arabischen Fernsehen gilt, erst acht Folgen fertig waren.
Die meisten arabischen Medien-Experten und die Produzenten der Serie halten dies jedoch für einen Vorwand. In den vergangenen zwei Jahren hatte es bereits von anderer Seite Proteste gegen arabische Ramadan-Serien gegeben. Israel und die USA hatten damals erfolglos die Absetzung von zwei Serien aus Syrien und Ägypten wegen antisemitischer Inhalte verlangt. Genau wie bei diesen zwei qualitativ eher mässigen Serien hat auch bei «Der Weg nach Kabul» die Kontroverse letztlich die Einschaltquote in die Höhe getrieben.
In Katar und Saudiarabien ist das Afghanistan-Epos ein richtiger Strassenfeger, und auch in Ägypten schalten politisch Interessierte abends lieber die Serie bei MBC ein als eine der anderen Historienserien oder Seifenopern. Dabei lassen sich die Zuschauer auch von den schier endlosen, hölzernen Dialogen langbärtiger Mudschahedin nicht abschrecken, die immer wieder über den Sinn des «Heiligen Krieges» philosophieren.
Gedreht wurde «Der Weg nach Kabul» in London, Pakistan und in einem Gebirge in der jordanischen Provinz. Zusammengehalten werden die einzelnen Episoden durch eine Liebesgeschichte zwischen einer Afghanin, die beim Studium in Grossbritannien einen Palästinenser kennen lernt.
Sonntag
24.10.2004