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Dienstag
10.07.2007

Bundesrat Moritz Leuenberger wurde als früherer Preisträger am Dienstagnachmittag zum Laudator des neuen Cicero-Gekürten, TV Entertainer Thomas Gottschalk, aufgeboten. Der Cicero-Preis wird jedes Jahr vom Verlag für Deutsche Wirtschaft vergeben. Mit der Verleihung der Cicero-Büste an Gottschalk gehe der Verlag neue Wege: Künftig sollen auch «Menschen, die es im ciceronischen Sinne verstehen, andere zu bewegen, zu unterhalten, zu erfreuen» ausgezeichnet werden, gab der Verlag bekannt. Bundesrat Leuenberger gab seiner Laudatio den sinnigen Titel: «Ein Gott, ein Schalk und die heilige Quote oder Was hat die Politik in einer TV-Show zu suchen?»

Der Magistrat äusserte sich in einer launigen Art über den Geehrten und hat am Dienstag mehr als eine Stunde gesprochen; das umfangreiche Manuskript wurde aus Bern den Medien zugeleitet. Zuerst streifte Moritz Leuenberger die Schweizer Politik und seine Befindlichkeit als Bundesrat. Die Cicero-Büste stehe bei ihm zu Hause im Büchergestell und daneben zwei Bände von Cicero-Reden: «Diese musste ich deshalb gar nie lesen, weil ich ihn nun ja höchst persönlich kenne», sagte Leuenberger. Der Neue sei ein Gott, führt der Referent aus und meint, er bedaure ein wenig, dass heute die Politiker nicht mehr als Vorbild wahrgenommen würden. «Die wahren Götter unserer Zeit sind grosse Männer mit wuscheligem Haar, wallenden Kleidern und wogendem Gang. Von Beruf sind sie Schauspieler oder Showmaster», so das Urteil des Bundesrates.

Doch Leuenberger wäre nicht Leuenberger, wären diese Antworten durchwegs nur für bare Münzen zu nehmen. Nicht ohne einen kleinen Seitenhieb auf den Gefeierten stellte er fest, dass in den Quizspielen heute (Gottschalks Metier notabene) «Glitter, Glanz und Glamourgirls weit anspruchsvoller sind als die Quizfragen». Wobei Leuenberger keineswegs die Bedeutung der Unterhaltung mindern wollte. Denn als Infrastrukturminister wisse er, dass Strassen, Geleise, Flugpisten und Stromleitungen «unterhalten» werden müssten, «sonst verrosten und verlottern sie». Aber auch Menschen müssten «unterhalten» werden, sonst verroste ihre Fantasie und verlottere ihr Geist, so der Bundesrat weiter.

«Was aber ist gute Unterhaltung?», fragte Leuenberger und näherte sich damit dem Geehrten. Das, was der Mehrheit gefällt? Nein, sagte der Bundesrat, «die Quote bedeutet noch nichts, in der Demokratie nicht und auch bei einer Fernsehshow nicht». Qualität garantierten aber drei andere Begriffe: «Neugier, Vielfalt und Liebe», Kriterien, die auch eine TV-Show zu einer guten Sache machen würden. Und mit «Wetten dass?» erfülle sie Gottschalk alle. «Der Moderator hat die Menschen gern», schwärmte Leuenberger und war jetzt ganz beim Preisträger 2007. «Er ist ein Gott, er ist ein Schalk und er kennt das Geheimnis der heiligen Quote.»

Verliehen wird der Cicero-Preis - eine Cicero-Büste - seit zehn Jahren. Der Verlag für die Deutsche Wirtschaft ehrt damit Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Kultur «für besondere rhetorische Leistung». Bisherige Preisträger waren unter anderen Marcel Reich-Ranicki, Lothar Späth und Rolf Hochhuth.