Content:

Mittwoch
13.12.2006

Medienethische Diskussionen finden zumindest auf den grösseren Schweizer Redaktionen intensiver statt als noch vor 50 Jahren. Dies folgert Peter Studer, Präsident des Schweizer Presserats, aus vielen Telefonanrufen, die er aus Redaktionen erhalte. Er beobachte aber auch einen gewissen Hang zum Moralisieren, vor allem bei den Boulevardmedien, sagt Studer in einem am Mittwoch im Verbandsorgan «journalisten.ch» erschienenen Interview. Der 71-Jährige, der auf eine über fünfzigjährige journalistische Tätigkeit zurückblickt, steht dem Presserat seit 2001 vor und hat angekündet, dass er dieses Amt Ende 2007 abgeben will.

Nicht allein in Medienhäusern rücken berufsethische Fragen zunehmend ins Bewusstsein. Der Presserat hat immer mehr Arbeit. «Anfang der 90er-Jahre gab es jährlich eine Hand voll Beschwerden», sagt Studer. «Heute sind es gegen hundert.» Er vermute, es liege am Konkurrenzdruck zwischen den Medien, der zugenommen habe.

Studer bekräftigte weiter seine Überzeugung, dass im Presserat nicht nur Medienschaffende und Publikumsvertreter Einsitz haben sollten. In den Presserat gehörten auch Vertreter der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) und Verleger. «Es ist sinnlos, Medienethik ohne Verleger abschliessend behandeln und durchsetzen zu wollen», zitiert ihn die Publikation. Die noch vor Jahresfrist verhärteten Fronten zwischen den Verlegern und dem Presserat haben sich immerhin aufgeweicht. Am Mittwoch sassen die Parteien an einem Tisch und verhandelten weiter, ohne allerdings zu einem Ende zu kommen. Er hoffe, dass die Gespräche zwischen dem Presserat und den Verlegern im Jahr 2007 ein gutes Ende fänden, sagt Studer.