Mit dem Artikel «Bahn und Bus: Branchenverband will Halbtaxabo abschaffen» von den Journalisten Christian Gurtner und Romy Möll hat der «K-Tipp» für grosses Aufsehen gesorgt.
Der Klein Report hat bei Verleger und Herausgeber René Schuhmacher nachgefragt, was er von den vorschnellen Kollegen-Kommentaren hält und ob er den Artikel noch einmal in gleicher Form publizieren würde.
Haben Sie mit diesen Reaktionen gerechnet?
René Schuhmacher: «Ja, bei 3,3 Millionen Käufern von Halbtax-Abos. Die angekündigte Änderung ist de facto eine Abschaffung dieses Erfolgsmodells. Bisher galt bei Bahnfahrten: Mit Halbtax gibts das Billett zum halben Preis. Mit ’My Ride’ gibts für alle eine monatliche Grundpauschale von 15 Franken, die pro Jahr den Kosten für ein Halbtax-Abo entspricht. Dazu kommt ein Rabatt auf neu festgelegte Billettpreise, der nicht mehr fix ist, sondern von den gefahrenen Kilometern pro Monat abhängt. Also keine Spur mehr von einem fixen 50%-Rabatt.»
Diversen Zeitungen und Onlineplattformen wie die «Neue Zürcher Zeitung» oder das Verbandsportal perönlich.com mit Nick Lüthi werfen dem «K-Tipp» «Zuspitzung» und «Halbwahrheiten» vor. Was sagen Sie dazu?
Schuhmacher: «Diese Vorwürfe sind unbegründet. Jeder Satz des Artikels trifft zu, der Titel ist in keiner Weise zugespitzt. Die meisten Medien haben uns nicht mit ihren Vorwürfen konfrontiert, sondern einfach ’Verwirrung um das Halbtax’ konstatiert, weil sie selbst aufgrund des ’Dementis’ von Alliance Swisspass verwirrt waren.»
War Ihrer Redaktion zum Zeitpunkt der Publikation bekannt, dass Alliance Swisspass die Abschaffung des Halbtax-Abos ausdrücklich dementiert?
Schuhmacher: «Alliance Swisspass dementiert nicht, dass das Halbtax künftig nicht mehr Reisen zum halben Preis ermöglicht. Der Verband sagt nur, es werde etwas Ähnliches wie das Halbtax geben (vielleicht heisst es dann immer noch so), aber es berechtigt nicht mehr zu Reisen zum halben Preis. Faktisch gibt es dann also kein Halbpreis-Abo mehr.»
Angesichts von über 3 Millionen Halbtax-Kundinnen und -Kunden: Welche Verantwortung trägt der «K-Tipp» dafür, mit präziser Wortwahl keine unbegründete Verunsicherung auszulösen?
Schuhmacher: «Wie gesagt, die Wortwahl war präzis, die Aussagen im Artikel sind inhaltlich richtig. Es steht im Artikel auch ausdrücklich, dass Alliance Swisspass eine mehrjährige Übergangsphase zur Einführung des neuen Systems vorsieht. Und dass noch nichts beschlossen ist.»
Wie reagiert Ihre Redaktion auf den Vorwurf, durch eine überpointierte Schlagzeile die Glaubwürdigkeit des Mediums infrage zu stellen?
Schuhmacher: «Die Schlagzeile war nicht überpointiert, sondern sachlich und präzis.»
Plant der «K-Tipp» eine Richtigstellung, Präzisierung oder zumindest eine nachträgliche Einordnung der Meldung?
Schuhmacher: «Es gibt keinen Anlass zu einer Richtigstellung oder Präzisierung – höchstens zu einer Medienkritik ;-).»
Wie gehen Sie grundsätzlich damit um, wenn sich eine Ihrer Recherchen im Nachhinein als unvollständig oder missverständlich herausstellt?
Schuhmacher: «In einem solchen Fall würden wir einen Artikel sofort online berichtigen und in der nächsten Print-Ausgabe ein Korrigendum bringen.»
Inwiefern sehen Sie eine Grenze zwischen legitimer Zuspitzung zur Lesergewinnung und der Gefahr, durch eine Schlagzeile falsche Tatsachenbehauptungen zu suggerieren?
Schuhmacher: «Der K-Tipp spitzt Aussagen nicht zu, er schreibt faktenbezogen, und die Sprache ist stets sachlich. Der «K-Tipp» verzichtet im Gegensatz zu den meisten anderen Zeitungen auf Kommentare.»
Würden Sie – rückblickend – den Artikel heute in derselben Form wieder veröffentlichen?
Schuhmacher: «Ja.»