Google Schweiz hat zusammen mit dem Verband Medien mit Zukunft (VMZ) am 9. Dezember bei Google an der Zürcher Europaallee den «Publisher Day: KI, Cybersicherheit und die Zukunft der Medien» auf die Beine gestellt.
Nach der Begrüssung durch Christine Antlanger-Winter, Chefin von Google Schweiz, stieg man ins Thema Cybersecurity ein. Gestartet wurde mit einem Cybersecurity-Workshop, gefolgt von einem Fachreferat «Google Cloud & AI Keynote» von Olga Reznikova, Google Security Engineering.
Danach folgte «KI im Alltag: Realitätscheck jenseits von Hype und Buzzwords» von Tom Hofmann, Gründer und CEO von Wicked Design. Den Abschluss machte Luisa Fernau von Google News Initiative zum Thema «KI Toos und ihr Potenzial für die Verlagsbranche».
Der Klein Report hat sich mit Mitorganisatorin Camille Roseau vom Verband Medien mit Zukunft unterhalten.
Wie ist es vom Verband Medien mit Zukunft und Google zu diesem Anlass, dem Publisher Day, gekommen?
Camille Roseau: «Das ist eine Geschichte in Etappen: 2023 war ich Vertreterin der WOZ am ersten Publisher Day bei Google zum Thema Cybersecurity. Für mich war das ein erster konkreter Berührungspunkt mit dem Thema – und grad ein Schubs ins kalte Wasser. Da sass ich als Panelistin mit dem CISO (dem Verantwortlichen für Informations- und Cybersicherheit) der TX Group, dem CISO der NZZ und Ursula Klein hier bei Google Zürich zum Thema Cybersecurity auf einem Podium. Damals musste ich mir das Factsheet für das Podium noch von unserer WOZ-IT schreiben lassen, weil das Thema für mich neu war. Aber seither hat es mich eigentlich nicht mehr losgelassen – nicht zuletzt wegen der doch bedeutenden Hacks in der Branche und eigentlich überall...»
...und wie ging es weiter?
Roseau: «2024 haben wir vom VMZ mit dem Google News Partnership Programme einen Anlass für Verleger:innen konzipiert, bei dem es um diverse KI-Anwendungen und ethische Grundlagen zum Arbeiten mit eben jenen Tools ging. 2025 haben wir dann zusammen den Publisher Day zum Thema AI und Cybersecurity geplant. Unseren beiden gemeinsamen Veranstaltungen gemein war, dass es Expert:innen von Google unter den Referent:innen hatte, aber auch weitere Expert:innen aus dem Medien mit Zukunft-Netzwerk, zum Beispiel Vertreter:innen des Presserats oder freie Sicherheitsconsultants.»
Wer hatte die Idee dazu und wie war der Ablauf, bis am 9. Dezember das Programm stand?
Roseau: «Thema und Ausrichtung haben wir zusammen entwickelt, auch in Anlehnung an den ersten Cybersecurity Day. Wir sind im Verband Medien mit Zukunft ein kleines Team, das sich um die Informationsreihe ‚Hilfe zur Selbsthilfe‘, in der auch der Publisher Day stattfand, kümmert: Nina Graf, die auch bei We.Publish arbeitet, Steffen Kolberg, VMZ-Verbandsmitarbeiter, und ich. Von Google war Ramona Zmolnig-Kermer mit dabei und Franziska Burger, beide arbeiten im Bereich News Partnerships bei Google. Das Programm haben wir gemeinsam konzipiert und uns regelmässig per Calls ausgetauscht, welche Programmpunkte und Referent:innen wir aus unserer jeweiligen Praxis heraus für ein Schweizer Verleger:innenpublikum attraktiv und anschlussfähig halten und welche Gesichtspunkte zum Beispiel aus einer DACH- oder Techkonzern-Perspektive spannend sein konnten. Da haben die Kolleg:innen von Google natürlich ganz andere Perspektiven als wir, die wir jeweils im Zürcher Kreis 5 und Kreis 9 arbeiten, mit Betriebsgrössen zwischen 10 und 60 Kolleg:innen.»
Was hat Ihnen persönlich am Publisher Day – KI, Cybersicherheit und die Zukunft der Medien – am besten gefallen?
Roseau: «Mir hat das Zusammenspiel von Programm, Expert:innen und Publikum sehr gut gefallen. Gerade bei angstbehafteten und als kompliziert empfundenen Tech-Themen ist es in der Regel schwierig, überhaupt ins Zuhören, Denken, Diskutieren zu kommen. Und ich finde, das ist uns gelungen – mit Teilnehmer:innen aus kleinen Verlagen, Verlagskonzernen und aus Forschung und Lehre.»
Ramona Zmolnig-Kermer von Google News Partnerships ist eine der stärksten und effektivsten Frauenförderinnen im Tech-Bereich. Wie war Eure Zusammenarbeit?
Camille Roseau: «Wie gesagt, ich fand die Zusammenarbeit sehr angenehm. Steffen ist erst im Spätsommer dazugekommen, wir waren also lange ein ausschliesslich weibliches Team. Die Frage, ob wir ein ausgeglichenes Referentinnen- und Referentenverhältnis haben, mussten wir zum Beispiel gar nicht diskutieren, das war ohnehin klar.»
Sie selber sind im Hauptberuf bei der «Wochenzeitung» (WOZ) Co-Verlagsleiterin. Wie bringen Sie alles unter einen Hut?
Roseau: «Ich bin in der Woche einen Tag freigestellt von der WOZ, um Verbandsarbeit zu machen – das ist ein Geschenk der WOZ an die Branche und auch eines für mich, sag ich jetzt mal salopp. So kann ich die Arbeit im Verlag der WOZ und mein Amt als VMZ-Co-Präsidentin gut vereinbaren. Aber klar, manchmal sind die Tage ein bisschen vollgestopft und ich muss überlegen, welchen Hut ich gerade aufhabe.»
Ihr Verband gilt als politisch stark links ausgerichtet mit den Mitgliedern. Wie stand man intern zur Co-Organisation mit dem Tech-Konzern Google?
Roseau: «Die gemeinsamen Veranstaltungen ein Mal im Jahr sind ja nichts Neues, sie laufen jetzt schon seit zwei Jahren. Und auch wenn wir zusammen Upskilling-Veranstaltungen machen, müssen wir als Verband nicht alles gut finden, was der Konzern Google macht. Sondern konnten und können uns weiterhin Gedanken zu beispielsweise allfälligen (Werbe-)Steuern, zu einer Vergütung von Trainingsdaten oder zur gesellschaftlichen Verantwortung von Plattformen machen und politische Forderungen in diesem Kontext entwickeln. Aber als zukunftsgerichteter Verband sind wir an den Entwicklungen der Branche interessiert und mit vielen wichtigen Akteuren im Gespräch, so auch mit Google. Alles andere wäre fahrlässig und auch ein bisschen Vogel-Strauss-Politik.»
Und wie ist es für die Verbandsmitglieder?
Roseau: «Den Redaktor:innen unserer Mitgliedsmedien bleibt vollkommen unbenommen, kritisch allgemein zu Tech-Konzernen und auch spezifisch zu Google zu berichten. Die Trennung von Redaktion und Verlag ist zum guten Glück erfunden. In unserem Verband sind beispielsweise die WOZ, bei der ich arbeite, die regelmässig den Tech-Kapitalismus kritisiert, aber auch die ‚Republik‘, die viel zu Google recherchiert hat.»
Sie sind Co-Präsidentin des kleinen Verbandes und müssen sich auch mit dem Verband Schweizer Medien (VSM) beschäftigen, der vor Kurzem einen Deal mit der SRG abgeschlossen hat, und nun von der Wettbewerbskommission (Weko) zurückgepfiffen worden ist. Wie ist hier die Position vom Verband Medien mit Zukunft?
Roseau: «Meines Erachtens vernachlässigt der Deal zwischen dem VSM und der SRG vor allem eine wesentliche Sache: Das Interesse einer digitalen, zudem jüngeren Leser:innenschaft. Die Zeichenbeschränkung im Internet und den vorgeschlagenen Rückzug von Social Media und eigenen Digitalkanälen finde ich zum Beispiel absurd. Wenn gebührenfinanzierte Medien arbeiten und publizieren, dann sollen sie alle Kanäle bespielen dürfen, auf denen ihre Leser:innenschaft unterwegs ist. Manche darunter vielleicht ausschliesslich auf Digitalkanälen. Alles andere halte ich für Mittelverschwendung. Die Idee, dass sich nach einem erzwungenen Rückzug der SRG aus dem Internet die Lage der privaten Medien verbessert, halte ich zudem für falsch. Nur sehr wenige Nutzer:innen nutzen aktuell SRG-Inhalte exklusiv, rund 60 % nutzen SRG-Angebote und private kommerzielle Angebote parallel. Beide Angebote gemeinsam stärken das Medienvertrauen und die gesellschaftliche Kohäsion. Im internationalen Vergleich wirkt sich ein starker medialer Service Public sogar positiv auf die Zahlungsbereitschaft für privat erstellten Content aus. Von daher decken sich in diesem Punkt kartellrechtliche Fragestellungen und öffentliches Interesse.»
Was sind die nächsten Projekte des Verbandes Medien mit Zukunft?
Roseau: «Wir werden weiterhin gemeinsam für konzernunabhängige Medien lobbyieren – für eine kanalneutrale Medienförderung zum Beispiel. Und wir werden uns weiterbilden, um resilient zu werden auf einem disruptiven Markt, auf dem es öffentliche und private Akteure braucht, um ein wichtiges Gut herzustellen, das der Informiertheit und des breiten gesellschaftlichen Diskurses. Das machen wir über Verlagsgrenzen hinweg, digital und Print.»




