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Donnerstag
26.04.2012

Die EFFIE-Award-Vergabe vom Dienstag im Fernsehstudio Leutschenbach in Zürich feierte zwar ein ausgezeichnetes EFFIE-Jahr (29 von 105 eingereichten Kampagnen wurden entweder mit einem Diplom oder eine Medaille prämiert), doch insgesamt war doch viel von sehr schwierigen Zeiten die Rede. Einzig Hausherr und SRG-Generaldirektor Roger de Weck, obwohl an Krücken (Sportunfall), machte unerschütterlich auf Optimismus und begrüsste über 400 Gäste mit den Worten «Werbung macht Spass, ist Emotion und Kalkül, und sie hilft uns gute Programme zu machen.»

Da war sein oberster Werbechef, Publisuisse-CEO Martin Schneider an der vorgängig zur Award-Verleihung durchgeführten publisuisse mediavision schon wesentlich skeptischer und sprach von illoyalen und hybriden Kunden. Star-Referent und EFFIE-Jury-Präsident Prof. Dr. Torsten Tomczak, Direktor des Center for Innovation der Uni St. Gallen, meinte dasselbe, sagte es aber eloquent und elegant, immerhin hatte er über die Herausforderungen und rasanten Entwicklungen im Medien- und Werbemarkt über welche sich heute alle die Augen reiben schon 1995 seine Doktorarbeit geschrieben und seither sechs grosse Studien verfasst:  «Heute geht es um Globalisierung, die digitale Revolution und die Finanzkrise, das heisst wir haben einen hochdynamischen Wettbewerb wo jeder gegen jeden kämpft.»

Tomczak machte das am Beispiel des Kaffees fest, wo in der guten alten Zeit eine Marke gegen eine andere kämpfte, «später war es dann Kapsel gegen Kapsel und Maschine gegen Maschine - und heute kämpft Roger Federer (Jura) gegen George Clooney (Nespresso), weil eben alles zusammenhängt». Mit anderen Worten: Tomczak sang das Hohelied der Fokussierung auf die Marke - oder auf den Kunden, «wer beides vermischt, ist schon weniger erfolgreich».

Seine Traumbeispiele sind dabei Nespresso und Apple, der guten alten Zeit stellt er die Brave New World gegenüber: «Es geht in der Werbung heute ganz wesentlich um Kontrollverlust. Früher war Werbung eine Einbahnstrasse, die Werber hatten alles unter Kontrolle. Heute ist mit Youtube und iTunes jeder sein eigener Fernseh- und Radiounternehmer, die Essentials der Markenführung sind unter Druck.» Trotzdem sieht er einen Silberstreifen am Horizont: «Indem wir das Produkt in den Mittelpunkt stellen. Der Weg dazu ist Crossmedia, dieses Spiel müssen wir spielen.»

Wie man es klug machen kann, verriet Mobiliar VR-Präsident Urs Berger, der unbeirrt seit 14 (!) Jahren dieselbe Werbekampagne («Liebe Mobiliar») laufen lässt und nicht daran denkt, etwas zu ändern: «70 Prozent aller Menschen hier setzen Hüseli-Papier mit der Mobiliar gleich. Unsere Werbung ist heute praktisch ein Selbstläufer», freut er sich.

Ein Selbstläufer ist irgendwie auch der grosse Abräumer bei den Effie-Awards, Appenzeller Käse, dessen Kampagne «Das Rezept bleibt geheim» mit Schauspieler Uwe Ochsenknecht als einziger Preisträger gleich mit zwei goldenen Auszeichnungen prämiert wurde. Der deutsche Star, verriet die hoch beglückte Marketingleiterin von Appenzeller Käse, Monika Storchenegger, habe zwar noch keine Zweitwohnung im Appenzeller Land, lasse sich jedoch einen Teil seines Honorars in Natura, das heisst in Käse, auszahlen «... und es ist eine sehr grosse Menge!» Wie das die deutschen Steuerbeamten in der Steuerdeklaration von Ochsenknecht wohl bewerten?