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Donnerstag
23.12.2021

Vermarktung

«Es fliesst kein Geld von der Post in Livesystems», heisst es bei der Post. (Bild © Post)

«Es fliesst kein Geld von der Post in Livesystems», heisst es bei der Post. (Bild © Post)

Als die Post mit der Übernahme der Livesystems AG im Juli in den Aussenwerbemarkt einstieg, hagelte es Kritik von Werbevermarktern und Medienhäusern.

Der Klein Report hat bei dem bundesnahen Betrieb nachgefragt, wie er seinen Service-public-Auftrag in Zukunft auslegt und welche Rolle die Werbevermarktung dabei spielt.

«Der Versand von physischer Werbung ist ein wichtiges Standbein und gehört zu unserem Kerngeschäft», sagt Postsprecher Erich Goetschi auf die Frage des Klein Reports, wie es die Post mit der Werbevermarktung so halte.

Unbestritten ist, dass die Post mit dem physischen Direktmarketing, also den adressierten oder unadressierten Werbesendungen in die Briefkästen, seit Langem ein Bein im Werbemarkt drin hat.

Bekannt ist auch, dass das Marketing mehr und mehr digitale Wege einschlägt. Da will auch die Post nicht abseitsstehen. «Deswegen hat die Post die Livesystems gekauft. Wir entwickeln uns so mit der zunehmenden Digitalisierung der Werbung. Ein logischer Schritt also», so der Mediensprecher weiter.

Der Bundesrat verpflichtet die Post in seinen strategischen Zielen dazu, die führende Marktstellung in Paket- und Briefpost sicherzustellen und die modernen Kommunikationsbedürfnisse durch die Entwicklung zeitgemässer Angebote abzudecken. Die Entwicklung im Werbemarkt und damit die Akquisition von Livesystems entspreche also den Vorgaben von ganz oben, sagt Goetschi.

Was er nicht sagt: Die Werbeversände in die Briefkästen sind ein anderes Segment des Werbemarkts als die Werbe-Screens im öffentlichen Verkehr und in den Postfilialen, die von der aufgekauften Livesystems AG vermarktet werden. Es ist also nicht nur ein organischer Schritt von analog zu digital, wie der Postsprecher argumentiert, sondern auch ein Spurwechsel vom Direktmarketing zur Aussenwerbung.

Und so hatten denn auch die Aussenwerbevermarkter gar keine Freunde über die Digitalisierungsgebärden des gelben Riesens. Inzwischen liegt auch ein Gutachten des Verbands Aussenwerbung Schweiz auf dem Tisch. Es argumentiert, dass die Übernahme von Livesystems nicht zu den Aufgaben der Post gehöre.

Dass nun der staatsnahe Betrieb die privaten Anbieter wie APG, Clear Channel und Neo Advertising unter Druck setzt und so den umkämpften Markt der Aussenwerbung verzerre, lässt Erich Goetschi nicht gelten. Die Übernahme der Livesystems AG «führt nicht zu einer Marktverzerrung»: «Livesystems ist ein gesundes Unternehmen und hat heute einen Marktanteil im tiefen zweistelligen Prozentbereich. Das Unternehmen muss als eigenständiges Unternehmen des Postkonzerns am Markt bestehen. Es fliesst kein Geld von der Post in Livesystems.»

Kritik gabs auch an der Abwicklung der Übernahme. Von Brancheninsidern wurde der Kaufpreis von Livesystems auf über 100 Millionen Franken geschätzt und als «übersetzt» kritisiert; private Mitbieter seien dadurch chancenlos geblieben.

Darauf angesprochen, sagt Goetschi zum Klein Report: «Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass die Parteien über den Kaufpreis Stillschweigen vereinbart haben. Zudem kommentieren wir Spekulationen und Mutmassungen Dritter nicht.»

Auch in den Medienhäusern klingelte es, als die Post im Juli die Übernahme der Livesystems AG verkündete. Der Verband Schweizer Medien (VSM) sprach von «Marktverzerrung» und forderte, dass die Post die unterschiedlichen Newsanbieter beim Bespielen der Screens in Postfilialen und Postautos gleich behandelt wie die bisher privilegierte Content-Lieferantin Nau Media AG.

«Die Post will keine inhaltlichen Leistungen erbringen – weder in der Erstellung von redaktionellen Inhalten noch in der Erstellung von Werbemitteln», so der Sprecher. Dass die Post auch in die Content-Produktion einsteigt, hätte gerade noch gefehlt.

Livesystems ist nur eine Übernahme unter vielen. Bis 2024 will die Post nicht weniger als drei Milliarden Franken in die Hand nehmen, um zu investieren und zu akquirieren, wie der Konzern im Juli beim Einläuten seiner Einkaufstour verkündete.

«Die aktuelle Eigenkapital- und Liquiditätssituation ist gesund», bestätigt auch Erich Goetschi gegenüber dem Klein Report. Nebst der Erneuerung der Infrastruktur fliesse das Geld in «neue Wachstumsfelder wie digitale Dienstleistungen oder in zukunftsfähige Bereiche wie das Logistikgeschäft».

Übernommen worden seit der Verkündigung der Einkauftour sind gemäss Post die Dialog Verwaltungs-Data AG, die Swisssign Group AG oder eine Mehrheit am Filesharing-Unternehmen Tresorit. Laut Medienberichten sollen es aber über 20 Akquisitionen sein, nach denen die Post die Angel auswerfen will.

Um welche Firmen es sich namentlich handelt, will der Postsprecher nicht sagen. «Wir kommunizieren Akquisitionen jeweils, wenn sie abgeschlossen sind. Dies ist so üblich. Zudem geben wir mit Verweis auf besagte Medienberichte zu bedenken, dass eine angedachte Akquisition nicht zwingend auch wirklich abgeschlossen wird.»