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Donnerstag
20.04.2023

Medien / Publizistik

Alain Bersets ehemaliger Kommunikationschef ist immer noch unter Druck, obwohl nun auch das Finanzdepartement die Masse der herausgegebenen Emails moniert. (Bild Screenshot SRF)

Alain Bersets ehemaliger Kommunikationschef ist immer noch unter Druck, obwohl nun auch das Finanzdepartement die Masse der herausgegebenen Emails moniert. (Bild Screenshot SRF)

Das Strafverfahren gegen den ehemaligen Kommunikationschef von Gesundheitsminister Alain Berset steht auf wackligen Füssen. Was bereits öffentlich diskutiert wurde, räumt nun auch das zuständige Finanzdepartement in einem internen Bericht ein: Dass nämlich die Herausgabe der gesamten Mailbox von Peter Lauener nicht in Ordnung gewesen ist.

Im Sommer 2021 verlangte der Sonderermittler und ehemalige Zürcher Oberrichter Peter Marti die Mails von Bersets Kommunikationschef Lauener über einen Zeitraum von sechs Wochen. Das zuständige Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT) nahm es nicht so genau und stellte ihm die komplette Mailbox von Peter Lauener über mehrere Jahre zur Verfügung.

Diese Spendierlaune brachte Sonderermittler Marti erst auf die Spur der Ringier-Affäre, die die Corona-Standleitung zwischen Bersets Kommunikationschef und Ringier-CEO Marc Walder offenlegte. 

Eine Frage, die in den Medien seither diskutiert wird, ist, ob der Sonderermittler diese ungefragt ausgehändigten Mails überhaupt verwenden durfte. Offenbar nein, wie nun auch eine unveröffentlichte, interne Untersuchung des Finanzdepartements, zu dem das BIT gehört, zeigt. 

«Nach Einschätzung des Untersuchungsbeauftragten wäre eine Aussonderung der herausverlangten Elemente geboten gewesen. Das BIT hat mit seiner Herausgabepraxis die Regeln des Datenschutzes und damit die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen verletzt», teilte das Finanzdepartement gegenüber Radio SRF schriftlich mit.

Demnach ist der Behörde klar, dass die Mails nicht in dem Umfang hätten ausgehändigt werden dürfen. Dennoch nimmt das Finanzdepartement die verantwortlichen Mitarbeiter in Schutz. Sie hätten die Rechtslage falsch eingeschätzt. 

«Es wurden keine Hinweise gefunden, dass die zuständigen Mitarbeiter in schädigender Absicht handelten oder bewusst in Kauf nahmen, Vorschriften zu verletzen.»

Daher will das Finanzdepartement auch keine rechtlichen Schritte einleiten, möglich aber seien Disziplinarmassnahmen gegenüber den zuständigen Mitarbeitern, wie die Behörde weiter gegenüber Radio SRF sagte.

Ausserdem hat die neue Finanzministerin Karin Keller-Sutter schärfere Vorschriften bei der Herausgabe von Mails aufgestellt.  

Was die illegale Mail-Herausgabe für das Strafverfahren gegen Bersets ehemaligen Kommunikationsleiter wegen mutmasslicher Amtsgeheimnisverletzung bei den Corona-Leaks genau bedeutet, liegt im Ermessen des Berner Zwangsmassnahmengerichts. 

Es wird entscheiden, ob Sonderermittler Marti die Mails in seinem Verfahren gegen Lauener verwerten darf oder nicht. Dass nun sogar die betroffene Behörde selber Fehler eingeräumt hat, macht es umso wahrscheinlicher, dass das Zwangsmassnahmengericht die widerrechtlich gelieferten Mails als Beweise versiegelt. Damit fehlte der Anklage die Grundlage.

Peter Laueners Anwalt äusserte sich nicht zu der für seinen Mandanten glücklichen Wendung.

Je unwahrscheinlicher eine strafrechtliche Aufklärung der Corona-Leaks wird, desto wichtiger wird nun die politische Aufklärung durch die Geschäftsprüfungskommissionen von National- und Ständerat. Diese haben sich der Sache bereits angenommen.