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Mittwoch
29.11.2023

Medien / Publizistik

Beat Balzli im Gespräch mit Roman Bretschger...     (Bild: Beni Frenkel/Klein Report)

Beat Balzli im Gespräch mit Roman Bretschger... (Bild: Beni Frenkel/Klein Report)

Neue Bundesräte blicken nach 100 Tagen auf ihre Amtsantritte zurück. Beim neuen Chefredaktor der «NZZ am Sonntag» mussten vier Wochen reichen. Isabelle Welton, ebenfalls ziemlich neue Verwaltungsratspräsidentin der NZZ, begrüsste am Montagabend knapp 100 Aktionäre und gab die Marschrichtung an.

Mit der Ernennung von Beat Balzli soll einerseits die Zusammenarbeit mit der «Neuen Zürcher Zeitung» gestärkt werden, andererseits soll die Eigenständigkeit der «NZZ am Sonntag» gewahrt bleiben.

Auch im darauffolgenden Gespräch mit dem Interviewpartner Roman Bretschger, seit 1. August 2023 NZZ-Generalsekretär, konnte Beat Balzli den scheinbaren Widerspruch nicht auflösen. Er verfolge keine «komplette Homogenisierung», versprach Balzli den Zuhörerinnen und Zuhörern, aber gegenteilige Ansichten der beiden Blätter in den wichtigsten Fragen soll es auch nicht mehr geben.

Die «NZZ am Sonntag» betrachtet Balzli als Content-Zulieferer für das Wochenende. Jeder Artikel soll dereinst auf nzz.ch publiziert werden. Auf die Frage des NZZ-Aktionärs Beni Frenkel, der für den Klein Report vor Ort war, welche Auflageziele für das Sonntagsblatt angestrebt werden, antwortete der neue Chef, dass die Auflage stabil bleiben soll. «Das ist bei einem Printmedium das erste Ziel.»

Im Gespräch mit Jurist Bretschger blickte Journalist Balzli auf seine Anfänge zurück. Vor allem die Zeit beim deutschen Magazin «Spiegel» habe ihn geprägt: «Ich bin im Investigativjournalismus gross geworden. Ich habe auf alles geschossen, was sich bewegt hat.»

Ein Teil dieses forschen Auftritts, so munkelt man, soll Balzli auch in die Redaktionsräume der «NZZ am Sonntag» vorgebracht haben: «Ich öffne die Fenster und da wird es kälter.» Ein Redaktor sei bei ihm schon vorstellig geworden: «Beat, jetzt ist dann langsam genug mit Änderungen.» Die Aktionäre quittierten diese Aussage mit Gelächter.

Balzli ist in den deutschen Medien gross geworden. Er bewundert sie bis heute. An seine ersten Tagen beim «Spiegel» erinnert er sich so: «Und ich dachte, meine Rekrutenschule seien vergangene Tage.» Es herrschte in den frühen 2000er-Jahren militärische Hierarchie.

Einen Chefredaktor wie Balzli hatte die NZZ-Gruppe noch nie. Er will seine Mannschaft zu Höchstleistungen antreiben. «Ich habe den Redaktorinnen und Redaktoren gesagt, dass sie manchmal um zehn Uhr abends jemanden anrufen müssen, auch wenn das weh tut.»

Das kommt nicht überall gut an. Urs Rauber, langjähriger Redaktor bei der «NZZ am Sonntag», hakte zweimal nach. Es rumple auf der Redaktion. Was passiere da? Balzli, der Investigativjournalist, wollte sich nicht konkret dazu äussern. Ja, er führe einen robusten Führungsstil. Und: «Meine Journalisten müssen mich nicht lieben.»

Auch diese Äusserungen kamen bei den Aktionärinnen gut an. Überhaupt war die Stimmung gelöst. Aus dem Hintergrund roch man bereits die angewärmten Häppchen für den gepflegen Aperitif an der Zürcher Falkenstrasse 11.