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Dienstag
02.05.2023

Medien / Publizistik

Barack Obama und seine Frau Michelle am Freitag in Barcelona, bevor sie am Samstag nach Zürich geflogen sind…    (Bild: Bildschirmfoto aus einem Bericht der FAZ über den Event)

Barack Obama und seine Frau Michelle am Freitag in Barcelona, bevor sie am Samstag nach Zürich geflogen sind… (Bild: Bildschirmfoto aus einem Bericht der FAZ über den Event)

«Saint Obama» trat im Hallenstadion in Zürich auf und begeisterte Journalisten, Schweizer Stars & Sternchen gleichermassen. Die Politphilosophin Regula Stämpfli ordnet die Politshow inklusive deren Medienrezeption für den Klein Report ein.

Die Ikone der Linken inkarniert den Zustand aller westlichen Demokratien; gealtert, würdevoll, aber völlig dem Diskurs und der Oberfläche verhaftet. Wusste Barack Obama eigentlich, wo er zum ersten Mal in seinem Leben gelandet war? Er rühmte die Aussicht aus dem Flugzeug, doch «Switzerland» blieb während seines Auftritts so fern wie einem waschechten Bayern das Croissant.

Obama begeisterte trotzdem: «Ich bin hinter Kids, Wife, der viertbeliebteste Obama – grad knapp vor dem Hund.» Barack Obama ist ein Rockstar: einer der Politik, der liberaldemokratischen Weltanschauung und einem progressiven Wertesystem.

US-Präsidenten machen nach ihrer Amtszeit viel Kohle – weshalb denn nicht? Barack Obama war schon vor seiner Präsidentschaft DER geborene Entertainer: Er eroberte seine Stimmen denn auch mit Charisma, guten Sätzen; er verliess sein Amt ebenso: vorwiegend mit guten Stories. Vergessen geht, dass die USA nach Obamas Amtszeit im Chaos versanken und bis heute ein zutiefst zerrissenes Land bleiben.

Dies ist auch die «Legacy» von Barack Obama: Denn er regulierte nicht die Banken, sondern zersetzte den US-amerikanischen Mittelstand durch die kostspielige Obamacare – vergleichbar den schweizerischen Krankenkassen. Statt die Welt zu demokratisieren, explodierte der Nahe Osten inklusive islamischem Terror. Doch für Rhetorik-Obama spielt dies im Zeitalter des Trumpismus keine Rolle: Es zählen postfaktisch nicht die Taten, sondern die Fabeln und hey: Die sind bei Barack Obama höchst erbauend, inklusive Happy End. 

Die Schweizer Medien zeigen sich darüber, dass nichts ausser dem Erwarteten passiert war, enttäuscht. Doch damit belegen die Artikel und Berichte die Unkenntnis, wie moderne Kommunikation funktioniert: Alles ist Show. Dies erklärt übrigens auch den Erfolg des Verschwörungsideologen Daniele Ganser, der sich an US-amerikanischen Stars erfolgreiche Konzepte der rhetorischen Geldmaschinen abgeguckt hat. Auch er füllt Hallen, verkauft seine Bücher und begeistert ein Publikum mit Oberflächlichkeit, getüncht in Pseudowissenschaft und Polemik (bei Obama ist es «Inspiration», ein «Feel-Good-Factor»).

Denn: Das digitale Zeitalter hat uns neue Wanderprediger gebracht. Leider eben nicht nur die inspirierenden wie Barack und Michelle Obama, sondern auch die Quacksalber wie Ganser. Es wäre angesichts dieser Phänomene wichtig, dass unsere Medien dies endlich verstünden und ganz anders über Demokratie zu berichten beginnen. Wie? Indem nicht die Narrative rauf und runter dekliniert werden, sondern die Wirklichkeit sowie die politische Handlungsmöglichkeit «Next Door» in den Mittelpunkt der Berichterstattung rücken.