Weder eine Verlobung noch eine Hochzeit ist aus der Zürcher Medienszene zu vermelden. Und zur Abwechslung sind auch nicht die grossen Medienkonzerne NZZ und Tamedia auf Einkaufstour. Ein David der Kleinfernsehsender ZüriPlus will sich an Goliath versuchen, wie P.S die linke Zürcher Zeitung über die Pläne von ZüriPlus schreibt. Die Übermacht ist zwar riesengross, ist doch der Kanton Zürich bei den regionalen Fernsehsendern erstens mit TeleZüri und TeleTop gut versorgt, sind die grössten Schweizer Medienkonzerne in der Region ansässig und tätig und ist auf der Verbreitungsebene gegen den Faktisch-Monopolisten Cablecom ebenfalls kein Kraut gewachsen.
Vordergündig könnte man also meinen: grosser Aufwand Aussichten trüb. Dem widerspricht Peter Steinmann, Geschäftsführer von ZüriPlus. Er sieht im Neustart von ZüriPlus sehr wohl eine Chance, als kleiner unabhängiger Anbieter in der Region Glatttal mit regionalen Fernsehinformationen ein auch kommerziell erfolgreiches TV-Programm anbieten zu können. Das Regionalfernsehen wolle man nicht neu erfinden, die geographische Nische zwischen den beiden Zentren Zürich und Winterthur scheint Steinmann aber gerade gross genug, um auch genügend Werbung aus der Region akquirieren zu können, um ein Bestehen zu sichern. Eine Konzession hat ZüriPlus für 5 Jahre und will diese laut Steinmann auch nicht verfallen lassen. Darum hat ZüriPlus auch seit der Verbannung aus dem Cablecom-Netz im Dezember 2003 weitergesendet. Allerdings auf Sparflamme und zu empfangen nur in der Gemeinde Dietlikon in rund 3000 Haushalten, wie Ivo Schmucki von der Gemeindeanlage Dietlikon gegenüber P.S. bestätigte. Das neu geplante Versorgungsgebiet von ZüriPlus umfasst rund 90 000 Personen und soll die Gemeinden Dietlikon, Wallisellen, Wangen, Brüttisellen, Dübendorf, Schwerzenbach, Fällanden, Maur, Egg, Greifensee, Zumikon und Küsnacht umfassen. Geplant ist, das Programm von ZüriPlus auch in Kabelnetzen von weiteren Gemeinden aufzuschalten. Dazu fehlen aber im Moment Vereinbarungen mit weiteren unabhängigen (nicht von der Cablecom kontrollierten) Kabelnetzbetreibern. Von diesen gibt es zwar noch einige weitere im Kanton Zürich, vorerst strebt aber ZüriPlus ein überschaubares Verbreitungsgebiet an und denkt erst in zweiter Linie an Wachstum.
Kein Geheimnis macht Peter Steinmann aber aus der Tatsache, dass ZüriPlus vor allem auch gegen den mehr oder weniger Monopolisten Cablecom ankämpfen muss. Dies bestätigte Stephan Howeg von der Cablecom gegenüber P.S. denn auch unmissverständlich. Die Gründe für die Cablecom Haltung hätten sich seit Dezember 2003 nicht geändert. Weder sieht sich die Cablecom aus Kapazitätsgründen in der Lage, ZüriPlus in seinem analogen Angebot verbreiten zu können, noch sei von der Konzession her ZüriPlus ein Sender, der die Cablecom zu einer Verbreitung verpflichte. Dem Wunsch nach einem grossen Verbreitungsgebiet ist durch die Verbreitungseinschränkung durch die Cablecom Grenzen gesetzt. Dieses Gebaren der Cablecom ist Steinmann natürlich ein Dorn im Auge, setzt er sich doch dafür ein, nicht nur ein Regionalfernsehprogramm zu produzieren, sondern auch dafür, dass dieses auch gesehen werden kann. Dass ihn dabei eine ausländische Firma an der Verbreitung seines Senders hindert, findet er mehr als störend.
Der Neustart von ZüriPlus soll noch vor Sommer 2005 erfolgen. Sukzessive werden im Moment Trailer auf den Infokanälen der vorgesehenen Gemeinden aufgeschaltet. Diese hätten auch bereits erste Reaktionen hervorgerufen, allein aus der Gemeinde Maur hätte es seit letzter Woche rund ein Dutzend Reaktionen gegeben. Finanzieren will ZüriPlus sein geplantes wöchentliches einstündiges Angebot mit regionaler Werbung. Dass der Neustart mit der laufenden RTVG-Revision in Zusammenhang steht, die beim Gebührensplitting eine Ausschüttung von bis zu 5% der Radio- und Fernsehgebühren (maximal 35 Millionen pro Jahr) an private Veranstalter vorsieht, bezeichnet Peter Steinmann als rein zufällig. Zur Frage, ob ZüriPlus sich in Zukunft als einer der Empfänger des TV-Gebührensplittings sieht, äussert sich Steinmann bedeckt. Man wolle sich nicht an den Gebührentropf hängen lassen und sich dabei zu viele Bedingungen einhandeln müssen. Diese Aussage ist wohl etwas sehr tiefstaplerisch. Sollte ZüriPlus tatsächlich in die Kränze kommen, wird man das mögliche Manna wohl kaum ausschlagen. Das Feld nicht nur TeleZüri und TeleTop zu überlassen, scheint in der momentanen Medienlandschaft zumindest sinnvoll.
Donnerstag
17.03.2005