Die Zürcher Regierungsrätin Rita Fuhrer (SVP) ist über die sie betreffende Berichterstattung im «Tages-Anzeiger» derart verärgert, dass sie der Zeitung bereits seit April dieses Jahres keine direkten Auskünfte mehr gibt. Das gab der «Tagi» am Freitag bekannt und kündete gleichzeitig an, kommende Woche solle das Thema zwischen der Chefredaktion (Res Strehle, Markus Eisenhut und Edgar Schuler) und der Magistratin erörtert werden. «Wir hoffen auf eine faire Zusammenarbeit», sagte Fuhrers Informationsbeauftragter Gregor F. Lüthy gegenüber dem Klein Report. Wie diese aussehen soll, liess er offen: «Das wollen wir ja eben besprechen.»
Zum Zerwürfnis haben laut einem Schreiben von Gregor F. Lüthy an die TA-Redaktion verschiedene Artikel geführt, beispielsweise über die Rolle der Regierungsrätin im Rotary-Club oder über ihre Haltung zum Thema Armeewaffen in privaten Haushalt. Neuestes Beispiel ist ihr Einsatz für den ehemaligen Zürcher Schauspielhausdirektor, der ein bulgarisches Kindermädchen illegal beschäftigt hatte. Zu diesem Thema lehnte sie es ab, eine Reihe von Fragen (Beispiel: «Wendet die Volkswirtschaftsdirektion bei Prominenten die Gesetze weniger kompromisslos an als bei Nicht-Prominenten?») zu beantworten.
Als «politisch sehr ungeschickt und undemokratisch» bezeichnete Peter Studer auf Anfrage des Klein Reports am Freitag das Verhalten der Regierungsrätin. Studer war Chefredaktor des «Tages-Anzeigers» und des Schweizer Fernsehens sowie Präsident des Schweizer Presserats. Als Amtsträgerin habe Rita Fuhrer eine Gleichbehandlungspflicht allen Medien gegenüber, sagte er. In der Kantonsverfassung steht (Art. 49), dass Behörden auf Anfrage informieren, soweit nicht «überwiegende Interessen entgegenstehen». Das schliesst laut Studer eine allgemeine Antwortverweigerung gegenüber einem Zürcher Medium aus. Die Frage stellte sich ähnlich bereits einmal, als einzelne Gemeindepräsidenten den damals neuen Regionalsplit des «Tages-Anzeigers» gegenüber dem etablierten Lokalanzeiger generell benachteiligten. Studer wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es auch einen entsprechenden Bundesgerichtsentscheid aus dem Jahr 1978 gebe.
«Die Informationspflichten der kantonalen Behörden sind im kantonalen Gesetz über die Information und den Datenschutz (IDG) geregelt», erklärt Andreas Meili, Medienanwalt sowie früherer Leiter Rechtsdienst und Leiter elektronische Medien des Medienkonzerns Tamedia. «Dieses Gesetz gilt seit dem 1. Oktober 2008 und wird wohl noch nicht von allen Amtsstellen immer konsequent angewendet», sagt Meili dazu. «Nach diesem Gesetz sind die öffentlichen Organe grundsätzlich zur Information verpflichtet. Sie können die Beantwortung von Fragen aber verweigern oder aufschieben, wenn eine rechtliche Bestimmung oder ein überwiegendes öffentliches oder privates Interesse entgegensteht. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn durch die Informationsbekanntgabe die Privatsphäre von Drittpersonen beeinträchtigt wird», fügt der Medienanwalt an.
«Das angefragte Organ hat zudem das Recht, eine Informationsanfrage abzulehnen, wenn es sich auf Informationen bezieht, die bereits öffentlich sind und auf angemessene Weise zur Verfügung stehen. Das kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn die Fragen bereits durch ein Mediencommuniqué oder auf andere Weise beantwortet sind», so Meili weiter.
«Einer Behörde ist es jedenfalls nicht untersagt, mit einem anderen Medium ein Interview über die gestellten Fragen zu führen, wie das Frau Fuhrer in der `Neuen Zürcher Zeitung` getan hat. Der `Tages-Anzeiger` könnte ja bei der Volkswirtschaftsdirektion ein schriftliches Gesuch gemäss IDG stellen und im Falle einer Ablehnung ein Rechtsmittel einlegen.»
Freitag
12.06.2009