Die deutschen Zeitschriftenverleger sind besorgt, dass der Bundesregierung beim so genannten Caroline-Urteil die Zeit davonläuft. «Wir sind sehr beunruhigt, dass sich die Bundesregierung noch nicht entschlossen hat, gegen das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg die Grosse Kammer anzurufen», erklärte Wolfgang Fürstner, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ), in Berlin. Mehrere angekündigte Entscheidungstermine seien bisher ergebnislos verstrichen. «Jetzt läuft die Zeit davon. Zur Begründung des Rechtsmittels bleiben keine vier Wochen mehr», so Fürstner.
Nach Auffassung des VDZ ist es völlig unverständlich, einen Kernbestandteil der Presse- und Informationsfreiheit kampflos aufzugeben. Die Berichterstattung in Bild und Wort über bekannte Personen des öffentlichen Lebens entspreche seit Jahrzehnten dem demokratischen Grundverständnis öffentlicher Kontrolle und sei verfassungsrechtlich bestätigt. Diese Berichterstattung von der Genehmigung der Betroffenen abhängig zu machen, reduziere Journalisten zu Hofberichterstatter. Dabei sei besonders zu berücksichtigen, dass das Strassburger Urteil nicht nur die Bild-, sondern auch die Wortberichterstattung einschliesst. Bei populären Personen sei die Beobachtung durch die Öffentlichkeit der legitime Preis der in der Regel selbst gewollten und auch genutzten Bekanntheit. Ohne diese Berichterstattung blieben die Personen unbekannt. Die Popularität ergebe sich dabei nicht nur aus offiziellen Anlässen, sondern werde auch durch das öffentlich zur Schau gestellte Privatleben geprägt. Selbstverständlich halte sich der VDZ an die Grenzen des Persönlichkeitsschutzes, heisst es weiter. Das Caroline-Urteil beschränke aber die Berichterstattung auf offizielle Anlässe und mache sie im Übrigen von dem Einverständnis des Betroffenen abhängig. - Mehr dazu: Auf Caroline-Urteil folgt scharfe Kritik und Caroline erteilt der deutschen Presse eine Lehre
Freitag
27.08.2004