Seinen Rückzug als aktiver Werber hat Peter Leutenegger von der Draftfcb/Lowe Group per Ende April bekannt gegeben. Der ehemalige Präsident des Werbeagenturenverbandes BSW und Vorstandsmitglied von Schweizer Werbung gehört zu den «Grossen» der Branche, weshalb ihn der Klein Report zu einem schriftlich geführten Interview bat. Er spart nicht mit Lob für die Qualität der Schweizer Werbung, äussert sich aber auch kritisch über gewisse Auftraggeber.
Klein Report: Sie wollen sich aus der aktiven Werbewelt zurückziehen. In welchen Schritten und wann ist dies geplant?
Peter Leutenegger: Ich habe meine Anteile an der Draftfcb/Lowe Group verkauft. Ich trete deshalb per Ende dieses Monats April definitiv aus der Agentur zurück - auch aus dem Verwaltungsrat, dessen Präsident ich seit 1987 war. Bereits im Juni 2008 habe ich die Geschäftsführung an Cornelia Harder abgegeben, die in diesen schwierigen Zeiten einen wirklich guten Job macht. Auf die diesjährigen Generalversammlungen der Schweizer Werbung und des Werbeagenturenverbandes BSW trete ich auch aus den beiden Vorständen zurück. Dann mache ich bis zum Herbst eine grosse Pause. Ab Oktober bin ich vermutlich als Consultant auf Mandatsbasis wieder aktiv. So ganz aus der Branche verabschieden mag ich mich doch noch nicht.
Wenn Sie auf Ihre Karriere zurückblicken: Welches war die interessanteste Zeit und weshalb?
Es war all die 25 Jahre spannend und abwechslungsreich, ab 1984 habe ich die damalige Agentur Dubach schrittweise übernommen, das war zusammen mit meinem damaligen Partner Mike Krüll die Zeit des Aufbaus von der Kleinstagentur zur mittelgrossen, anerkannten Kreativagentur, 1997 wurden wir Partner der heutigen Draftfcb - ein spannender Schritt in die Internationalität, und Ende 2006 kam die Lowe dazu, was wir dann zur Draftfcb/Lowe Group mit zwei Agenturen geformt haben.
Hatten Sie eine bevorzugte Branche oder einen speziellen Kunden bzw. ein Produkt, das Sie ganz besonders gerne betreuten?
Grundsätzlich habe ich für alle Kunden immer gerne gearbeitet, all die intensiven Kontakte und die gemeinsamen Anstrengungen und Kämpfe für gute und bessere Lösungen waren zwar nicht immer angenehm, aber immer spannend und herausfordernd. Ich empfand solche Auseinandersetzungen immer auch als eine sportliche Herausforderung, in der nicht nur das Resultat, sondern auch das Spiel Freude machen sollte. Mit einem Kunden bleibe ich jedoch ganz besonders verbunden, mit dem Appenzeller Alpenbitter. Seit 1980 arbeite ich mit diesem Kunden praktisch ununterbrochen zusammen. Das sind nun fast 30 Jahre. So was gibt es ja kaum mehr.
Welches Budget, das Sie nie erhalten haben, hätten Sie gerne betreut und weshalb?
Da gibt es unzählige. Wir haben Pitches mit grossartigen Arbeiten verloren, von denen ich sicher war, dass wir sie gewinnen würden, und wir haben viele Male versucht, an spezielle Kunden ranzukommen, leider erfolglos. Aber so ist das eben, man kann nicht immer gewinnen. Am Schluss zählt jedoch nur noch die Gesamtbilanz und da bin ich im Grossen und Ganzen zufrieden mit dem, was wir über all die Jahre erreicht haben.
Wie beurteilen Sie die aktuelle Schweizer Werbeszene, allenfalls auch im Vergleich zum europäischen Ausland?
Wir in der Schweiz werden immer noch unterschätzt. In kaum einem Land gibt es so viele Generalisten (Agenturen), die dank breitem Wissen mit einer solch hohen Professionalität und einer solchen Effizienz effektive medienübergreifende und vernetzte Werbung machen können. Und wenn wir das Produkt Kreativität vergleichen, dann sind wir mindestens ebenbürtig oder sogar besser als unsere Nachbarn. Oder einfach gesagt, in kaum einem anderen Lande ist das Preis- Leistungs-Verhältnis der Agenturen so gut wie in der Schweiz.
Leider fehlt in der Schweiz seitens der Auftraggeber zunehmend die Anerkennung und der Respekt vor dieser Leistung. Immer mehr Auftraggeber glauben, ihre Kommunikationsagentur nicht mehr anständig bezahlen zu müssen oder versuchen gar, sie um die Früchte ihrer Arbeit die Nutzungs- und Urheberrechte - zu betrügen. Das führt dazu, dass immer mehr Agenturen finanziell am äussersten Limit laufen und immer mehr und bessere Leute einsparen müssen.
Ein reines Eigentor, denn gute und wirkungsvolle Werbung zu machen war schon immer nur mit Können, grossem Engagement und viel, viel Arbeit möglich. Agenturen konnten diesen enormen Aufwand schon immer kaum sofort verrechnen, sondern nur über einen gewissen Zeitraum über die Nutzungsrechte wieder einspielen. Sie sind also auf diese Einkünfte angewiesen. Wenn diese Einkünfte wegfallen, dann leidet letztlich auch der Auftraggeber.
Nützt oder schadet es der Kreativität, wenn man wie im Moment überall sparen muss?
Effiziente Werbung heisst gute Kreation. Für gute Kreation braucht es gute Leute. Gute Leute sind rar. Was rar ist, kostet mehr. Man tut also gut daran, scharf darüber nachzudenken, wo man überall sparen soll.
Was wünschen Sie den jungen Kolleginnen und Kollegen für die Zukunft?
Ich wünsche ihnen vor allem, dass ihnen auch in Zukunft der Spass an der Arbeit in einer zunehmend härteren Branche erhalten bleibt.
Sonntag
26.04.2009