Content:

Mittwoch
28.05.2008

Der von Schweizer-Werbung-Präsident Carlo Schmid-Sutter am Tag der Schweizer Werbung in Luzern abgefeuerte Schreckschuss über angeblich korrupte Verhältnisse bei den Schweizer Mediaagenturen hallt immer noch nach. Mit Seitenblick auf die im Moment vor Gericht verhandelte deutsche Affäre Aegis-Ruzicka sprach er von «krummen Touren über Veruntreuung bis zum Betrug» auch in der Schweiz. Der Klein Report hat das Stichwort aufgenommen und verschiedene Fachleute dazu befragt. Heute antworten Riccarda Mecklenburg (M&M Media Holding AG), Ueli Christen von der MM&B Media Agentur AG und Rolf Suter von der M&M Media Agentur AG.


Klein Report: Am Tag der Schweizer Werbung hat SW-Präsident Carlo Schmid-Sutter eine ziemliche Breitseite gegen die Mediaagenturen abgeschossen. Wie ist das bei Ihnen angekommen?
Riccarda Mecklenburg: Herr Schmid-Sutter verurteilt die Media-Agenturen in der Schweiz auf Grund von Vorkommnissen aus Deutschland, welche notabene noch gar nicht zu einem Urteil gekommen sind - aus unserer Sicht etwas zu voreilig. Dort geht es um persönliche Bereicherung und Betrug im grossen Stil. Aber bei den Angriffen ist es nicht klar, um was es den SW geht: Direktbuchungsrabatt, BK, Kundenboni, Rabattmodelle?

Klein Report: Welche Absichten mögen Schmid-Sutter zu seinem Angriff bewogen haben?
Riccarda Mecklenburg: Er befürchtet offenbar, dass Neutralität und Objektivität bei der Beratung durch Mediaagenturen nicht mehr gewährleistet sind. Das ist nichts Neues: Wo Milliarden im Spiel sind, besteht immer der Generalverdacht der Korruption. Vielleicht sollten er und Herr Siegrist einmal eine Woche lang in einer Mediaagentur arbeiten, um zu sehen, wie das Verhältnis zwischen Kunden und Mediaagentur tatsächlich ist. Wir sparen unseren Kunden ein Mehrfaches von dem, was wir kosten, und zusätzlich gibts noch täglich jede Menge Gratisleistungen.

Klein Report: Leiden Sie unter diesen Vorwürfen? Und wie reagieren Sie darauf?
Ueli Christen: Ja, zum einen leiden wir unter diesen Vorwürfen, weil sie ganz einfach nicht stimmen und die gesamte Branche in ein schiefes Licht setzen, und zum anderen leiden wir nicht, weil wir zu unseren Kunden ein sehr transparentes Verhältnis haben. Das ist eine Partnerschaft, mit der allen gedient ist. Daher können wir die Pauschal-Vorwürfe mangelnder Transparenz nicht so gelten lassen. Wir haben zu unseren Kunden ein sehr offenes Verhältnis, aber wir werden sicher nicht jemanden Aussenstehenden so per se Einblick gewähren, da z. B. Einkaufskonditionen Betriebsgeheimnisse sind und auch der Kunde nicht möchte, dass diese weitergegeben werden. Unsere Kunden können unsere Bücher jederzeit anschauen.

Klein Report: Sehen Sie sich veranlasst, irgendetwas an Ihrer Arbeits- und Rechnungsweise zu ändern?
Rolf Suter: In der Schweiz kaufen wir im Namen und auf Rechnung der Kunden ein und somit sind die Rabattierungsmodelle auf die Kunden ausgerichtet und nicht auf die Einkaufsvolumina der Agentur wie z. B. in Deutschland. Somit gibt es in der Schweiz gar keine Graubereiche. Einzig die Direktbuchungsentschädigungen sind in den letzten Jahren zum Thema geworden. Statt der Publicitas oder Publimedia bis zu 5% für die Abwicklung zu bezahlen, wird heute von den Verlagen den Agenturen bis zu 1,5% bezahlt. Diese Entschädigung bekommen wir, weil wir einen deutlichen Mehraufwand haben, wenn wir bei den Verlagen direkt buchen. Und das ist kein versteckter Rabatt. Wieso hinterfragt eigentlich nie jemand die Objektivität einer P?

Klein Report: Sehen Sie generelle Missstände, und wer müsste etwas dagegen unternehmen?
Riccarda Mecklenburg: Den internationalen Agenturen werden internationale Kunden oktroyiert, für die sie mit einem Minihonorar gar nicht arbeiten können. Zur Erinnerung: Eine Anzeige buchen ist in der Schweiz genauso aufwendig wie in Deutschland - nur kostet es 15-mal weniger. Mit unter 2% Honorar kann eine Agentur, wenn überhaupt, nur knapp überleben, aber sicherlich keine Gewinne erwirtschaften und sich somit auch nicht weiterentwickeln und damit den gestiegenen Kundenanforderungen gerecht werden. Und dann müssen sich die Herrschaften vom SWA und SW mal fragen, was wir eigentlich unseren Mediaagenturen zahlen. Hat man sich nicht gerade wieder bei einer Geschäftsleitungssitzung gebrüstet, erfolgreich das Honorar der Agentur gedrückt zu haben? Wie viele Pitches werden jedes Jahr veranstaltet mit dem Ziel, die Agenturleistung noch etwas billiger zu bekommen? Hier bräuchte es halt ein wenig mehr «Füdli» von den internationalen Agenturen, um auch einmal Nein zu sagen, statt sich quersubventionieren zu lassen.

Klein Report: Ist es richtig, dass das Problem, falls es existiert, vor allem im elektronischen Bereich besteht? Wie sieht es beim Print aus?
Rolf Suter: Es ist doch kein Problem, wenn man für einen Mehraufwand entschädigt wird. Wenn man gegenüber den Kunden transparent ist, einen guten Job macht und nebenbei noch mit geschicktem Einkauf eine Menge Geld spart, sind die Kunden zufrieden. Wir informieren die Kunden über die Direktbuchungsentschädigungen und diese Beträge stehen in keiner Relation zu den Einkaufserfolgen, von denen der Kunde profitiert.

Klein Report: Was erhoffen Sie sich von der Arbeitsgruppe von Schweizer Werbung zu diesem Thema?
Ueli Christen: Dass über das Verursacherprinzip nachgedacht wird.
Riccarda Mecklenburg: Vertieftes Verständnis der Abläufe, bessere Akzeptanz der Arbeit von Mediaagenturen und Estimation der Leistungen.
Rolf Suter: Oder wenn gar nichts hilft: wieder die Einführung der richtigen BK, aber wirklich für die Agenturen, so wie es früher war und dann ist wieder alles klar … - Siehe auch: SWA-Geschäftsführer fordert Transparenz zwischen Medien und Agenturen, Werbeaufträge: «Krumme Deals bis zum Betrug» und Schweizer Werbung setzt Arbeitsgruppe gegen Media-Missstände ein