Die Westschweizer Radiosender haben nach dem Prozessauftakt gegen den Popstar Michael Jackson dessen Lieder von der Playlist genommen. Die Deutschschweizer Veranstalter hingegen spielen Jacksons Songs weiterhin. «Im Zweifelsfall für den Angeklagten», wird Susanne Spreiter, Musikleiterin von DRS 3, am Donnerstag gegenüber der Nachrichtenagentur SDA zitiert. Die Programmleitung habe deshalb entschieden, die Musik von Jackson, der in den USA wegen Kindsmissbrauch vor Gericht steht, beizubehalten. Doch dürfen die Songs nur angesagt und dazu keine Sprüche gemacht werden.
Wenn die Lieder bereits jetzt nicht mehr gespielt würden, käme das einer Vorverurteilung gleich, sagte Spreiter. Bei einer Verurteilung von Jackson würde DRS 3 aber aus Pietätsgründen dessen Songs nicht mehr spielen. Sonst würden die Gefühle von Menschen verletzt, die selber von sexuellem Missbrauch betroffen seien.
Ähnlich tönt es bei Radio Basilik und Radio 24. Solange kein Urteil gefallen sei, würden die Songs von Jackson weiterhin gespielt, hielt Andreas Meier, Musikchef der beiden Radios, fest. Bei einer Verurteilung würden die Songs vorerst nicht mehr gespielt. Nach einigen Monaten müsste man aber neu entscheiden. Bei Radio ExtraBern ist noch kein Entscheid gefallen. Vorläufig gelte die Unschuldsvermutung, und die Jackson-Songs würden gespielt, sagte Chefredaktor Rolf Blaser. Zurückhaltung übt das St. Galler Radio aktuell. Bereits als die Vorwürfe gegen Jackson laut geworden seien, habe es Hörerreaktionen gegeben, erklärte Programmleiter Martin Oesch. Deshalb würden sehr wenig Jackson-Songs gespielt.
Gar keine Jackson-Songs mehr laufen bei den Westschweizer
Privatradios Lausanne FM, One FM und Radio Lac, wie Vertreter dieser Radios einen Bericht der Tageszeitung «Le Matin» vom Donnerstag bestätigten. Sie begründeten ihren Bann vor allem mit Rücksicht auf das Publikum, das sehr empfindlich auf Pädophilie-Vorwürfe reagiere.
Das DRS-Pendant in der Westschweiz und öffentlich-rechtliche Radio Suisse Romande (RSR) hält jedoch an den Jackson-Songs fest. RSR-Programmdirektorin Isabelle Binggeli macht dabei die Unschuldsvermutung geltend. Zudem will sie klar zwischen dem künstlerischen Schaffen und dem Verhalten Jacksons unterscheiden. Der Prozess gegen den Popstar hat am 31. Januar begonnen. Ihm werden in 10 Anklagepunkten unzüchtige Handlungen an einem Minderjährigen, Kindesentführung, versuchte Erpressung und Freiheitsberaubung vorgeworfen. Jackson streitet die Vorwürfe ab. Der Prozess im kalifornischen Santa Maria dauert voraussichtlich sechs Monate.
Donnerstag
10.02.2005