Einen ungeplanten, aber überraschenden und passenden Beitrag zum Vorwurf von FDP-Präsident Fulvio Pelli, die Schweizer Medien und vor allem die Sendung «Arena» des deutschsprachigen Schweizer Fernsehens liessen sich von Bundesrat Christoph Blocher ans Gängelband nehmen, haben die erstmals durchgeführten Berner Politgespräche des Instituts für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Bern (IKMB) und der PR-Agentur Furrer.Hugi&Partner erbracht. Da sagte doch der frühere baden-württembergische Ministerpräsident Lothar Späth, dass «die politische Kommunikation nur im Kontext mit dem verbrieften Grundrecht auf die Pressefreiheit denkbar ist». Diese werde von der heutigen Mediengesellschaft oft auch dahingehend interpretiert, dass die politischen Talkshows zunehmend versuchten, das Parlament zu ersetzen, denn «nur wer etwas zu sagen hat, sitzt in der Talkshow, wer nichts zu sagen hat, sitzt nur im Parlament». Die Amerikanisierung der Politkommunikation schreite auch in Deutschland und der Schweiz voran. Späth kam aber zum Schluss, dass es gerade in der Schweiz «erstaunlich und tröstlich sei, dass das Volk bei seinen Entscheidungen meist so unglaublich vernünftig ist, dass die Wirkung des medialen Politzirkus zu einem guten Teil wieder verpufft».
Auch Bundesrat Samuel Schmid kam im späteren Verlauf des Tages zumindest indirekt auf das Thema zu sprechen. Die komplizierte Dreiecksbeziehung Parlament, Regierung und Parteien sei der Bevölkerung nicht immer einfach zu kommunizieren, stelle er auch fest. Dies liege nicht zuletzt in der heutigen Medienmechanik. «Die Medien machen oftmals nur Fotografien mit mangelnder Tiefenschärfe, politische Entscheidungen sind aber ein langer Film. Diese fotografischen Momentaufnahmen verzerren oftmals die öffentliche Wahrnehmung politischer Prozesse.» Er ärgere sich aber auch nicht selten über die mangelnde Selbstdisziplin in der Kommunikation des Bundesrats und einzelner Parlamentarier, was eine gewisse Politikverdrossenheit in der Bevölkerung nicht unbedingt verringere. Er beobachte zudem eine zunehmende Verrohung in der politischen Kommunikation, was ihm Sorgen bereite, denn «die Folgen zu Ende gedacht sind wenig erfreulich für das gesamtgesellschaftliche Klima.»
Mit einem geselligen Apéro schloss die mit 200 Personen ausverkaufte Veranstaltung. Über das grosse Interesse zeigten sich die Veranstalter erfreut. Es zeige sich, dass ein professioneller Anlass zum Thema politische Kommunikation eine wichtige Lücke im Veranstaltungskalender der Bundesstadt schliesse. Die Berner Politgespräche sollen auch in den nächsten Jahren wieder stattfinden.
Donnerstag
19.10.2006