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Mittwoch
08.06.2011

Der Schweizer Presserat hat am Dienstag die «Weltwoche» gerügt, weil sie die Behauptung von zwei anonymen Quellen vor der Publikation zu wenig sorgfältig überprüft habe. Die Quellen hatten behauptet, dass die Gerichtskommission der Vereinigten Bundesversammlung sich über geltende Bundesgesetze hinwegsetzt und einem Bewerber einer Richterstelle am Bundespatentgericht einen «illegalen Bonus» zugesichert habe. Zudem habe das Wochenmagazin die Falschmeldung zu spät und nur unzureichend berichtigt.

Die «Weltwoche» vermeldete im Juni 2010 in der Rubrik «Personenkontrolle», die Gerichtskommission habe einem Bewerber für eine Richterstelle am Bundespatentgericht reglementswidrig einen «illegalen Bonus» in Form eines Zuschlags von jährlich 30 000 Franken zum Anfangslohn zugesichert. Die Gerichtskommission dementierte umgehend, sie habe für keinen der von ihr je zur Wahl vorgeschlagenen Kandidaten je einen solch rechtswidrigen Anfangslohn oder Lohnzuschlag vorgesehen. Erst dreieinhalb Monate später, im September 2010, präzisierte die «Weltwoche», formal habe die Kommission nicht das Gesetz verletzt, hingegen aber die «interne Richtlinie zur Festsetzung der Löhne der Richter».

Der Presserat hiess die daraufhin eingereichte Beschwerde der Gerichtskommission gegen die «Weltwoche» teilweise gut. «Vor der ersten Publikation wäre das Wochenmagazin verpflichtet gewesen, die Kommission mit dem Vorwurf zu konfrontieren», begründete der Presserat am Dienstag seine Meinung. Die erst dreieinhalb Monate nach der Publikation der ersten Meldung erfolgte Präzisierung sei zudem zu spät und unvollständig gewesen. «Die `Weltwoche` hätte zumindest darauf hinweisen müssen, dass die Kommission jegliche Unregelmässigkeiten bestreite», so der Presserat. Nicht verletzt sah der Presserat hingegen das Gebot der Lauterkeit der Recherche. Die «Weltwoche» habe die ihr durch eine Indiskretion zugetragene Information veröffentlichen dürfen.