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Dienstag
15.11.2005

Ausländische und tunesische Journalisten wurden vor dem am Mittwoch beginnenden Uno-Weltgipfel zur Informationsgesellschaft (WSIS) in Tunis von Polizeikräften tätlich angegriffen. Die internationale Zivilgesellschaft habe aus Protest ihre Anlässe abgesagt, meldet der Schweizer Journalist Roman Berger, der für den Klein Report aus Tunis berichtet.

Das Goethe-Institut in Tunis, ein geheimer Treffpunkt von Terroristen? Mehr als 50 tunesische Polizisten in Zivil hatten am Montag den Zugang zum deutschen Kulturinstitut abgeriegelt. Mit ihrer Blockade verhinderten sie ein Treffen von internationalen und tunesischen NGO, die einen «Bürger-Gipfel» planen wollten. Mehrere bereits bezahlte Reservationen für einen solchen Anlass in Hotels waren unter Druck der tunesischen Regierung rückgängig gemacht worden. Am WSIS in Genf 2003, aber auch an früheren UNO-Gipfeln, zum Beispiel in Peking 1995, konnten solche von NGO organisierten «Parallel-Gipfel» problemlos stattfinden. Aber nicht in Tunis.

Als ein belgischer TV-Reporter die «Belagerung» des Goethe-Instituts filmen wollte, wurde ihm gewaltsam die Kamera aus der Hand gerissen. Das gleiche versuchten die Sicherheitskräfte, als Roman Berger den Vorgang fotografieren wollte. Der deutsche Botschafter und Chef der deutschen Delegation am WSIS versuchte vergeblich, die Polizeikräfte zur Aufhebung der Blockade zu bewegen. Ihm wurde nur gestattet, sich mit den tunesischen Vertretern in einem Restaurant zu treffen. Schliesslich war der Polizei auch das zuviel. Dem Restaurantbesitzer wurde die Schliessung des Lokals angedroht, falls das Treffen nicht sofort abgebrochen werde.

Im Vorfeld des Gipfels wurde ein Reporter der französischen «Libération» in Tunis von Unbekannten mit Messerstichen schwer verletzt. Das geschah einen Tag nachdem die Zeitung eine Reportage über einen Hungerstreik im Zentrum von Tunis veröffentlicht hatte, mit dem sieben prominente tunesische Menschenrechtler für die Freilassung der politischen Gefangenen protestieren und die über 10 000 Teilnehmenden des WSIS auf die politische Situation unter dem Regime von Ben Ali aufmerksam machen wollen.

Der WSIS findet rund 15 Kilometer ausserhalb der Hauptstadt statt, abgeschirmt von der tunesischen Öffentlichkeit. Der Gipfel steht unter der Hoheit der UNO. Dennoch reicht der Arm des tunesischen Regimes bis in das Innerste des WSIS. Alle Dokumente, die in den Lokalitäten des Gipfels verteilt werden, müssen auch mit dem Stempel der tunesischen Behörden versehen sein. - Mehr dazu: Weltinformationsgipfel Tunis: Kofi Annan spricht Presse- und Meinungsfreiheit an