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Sonntag
18.09.2005

Der Rundfunkrat des Westdeutschen Rundfunks hat einem Bericht seines Programmausschusses mit einer Bestandesaufnahme des Kulturprogramms im WDR-Hörfunk und -Fernsehen sowie im Ersten zugestimmt. Das Positionspapier mit dem Titel «Musik und Kultur - eine Leistungsbilanz der besonderen Art» beruht auf Werkstatt-Gesprächen mit Kulturschaffenden und -Experten, die der Ausschuss unter Leitung seiner Vorsitzenden Karin Junker geführt hat, wie der WDR informierte.

Es enthält eine Reihe von Empfehlungen an den WDR und die ARD, die im Rahmen des gesetzlich vorgegebenen Beratungsauftrags der Gremien gegeben werden. Der erste Teil beschäftigt sich mit der Musik und der Rolle des WDR als «prägender Faktor der Musik und unverzichtbarer Partner für die Musiklandschaft in NRW». Im Mittelpunkt des Werkstattgesprächs stand die Ernste Musik (E-Musik) in Deutschland und NRW. Im WDR-Hörfunk sei vor allem WDR 3 der bedeutendste Träger von Musik. Allein 2004 wurden 272 Musikproduktionen (Eigenproduktionen, Kompositionsaufträge) mit Ensembles aus und in NRW realisiert. Damit gehört WDR 3 im Vergleich zu anderen Einrichtungen zu den weltweit führenden Musikproduzenten, heisst es.

Unter dem Titel «Kultur ist Lebensmittel» fasst der Programmausschuss das zweite Werkstattgespräch über Kultur in den Programmen und Angeboten des WDR (Hörfunk, Fernsehen, Online) zusammen. Die Angebote von Arte wurden bei dieser Bestandesaufnahme jedoch ebenso ausgeklammert wie die Online-Angebote, denen sich der Rundfunkrat in gesonderten Sitzungen widmen will. Im Mittelpunkt standen deshalb WDR-Fernsehen und Das Erste, wobei der Rundfunkrat einen «eher engen Kulturbegriff» zugrunde legte und sich auf die «klassischen» Genres wie Musik, Literatur, Theater oder bildende Kunst konzentrierte. Insgesamt, so der Rundfunkrat unter Verweis auf eine externe Programmanalyse, biete das öffentlich-rechtliche Fernsehen «täglich 34 Stunden Kulturprogramm in bester Qualität», wobei der Hauptanteil auf 3sat (25,8%), Arte (24,9%), BR Alpha (19%), Phoenix (18%) und die Dritten (8,7%) entfalle. Schlusslichter seien das ZDF (4,1%) und Das Erste (2,7%).

Kritik äusserte das Gremium an der Verlegung der sonntäglichen Kulturmagazine der ARD auf 23 Uhr zugunsten einer früheren Ausstrahlung der «Tagesthemen». Kritisiert wurde auch, dass Sendungen mit «harter Kultur» zu den Hauptsendezeiten auch bei grosszügiger Auslegung eher selten seien, wobei insbesondere die bildende Kunst und das Theater weitgehend unbeachtet blieben. Zugleich stellte das Gremium aber fest, dass durch die Ausweitung der Regionalisierung im WDR-Fernsehen auch für die Kultur neue Möglichkeiten entstanden seien, was vor allem dem regionalen Kulturgeschehen diene. Allein 2004 seien in den Programmen Aktuelle Stunde, Lokalzeiten und den WDRpunkt-Sendungen rund 1000 Beiträge zur Kultur gezeigt worden. Mit WestArt sei im WDR-Fernsehen ein «begrüssenswertes Markenzeichen» geschaffen worden, dessen Auffindbarkeit positiv hervorzuheben sei. Zu begrüssen sei, dass ab 2006 die WestArt-Familie um die WestArt-Meisterwerke ergänzt werde, die nach dem Vorbild der früheren ARD-Sendung «Hundert Meisterwerke» konzipiert sei.

Neben der Rücknahme der Verlegung der Kulturmagazine im Ersten empfiehlt der Rundfunkrat «eine klare Strukturierung und Auffindbarkeit von Kulturbeiträgen» im Ersten sowie eine «klare Konturierung» der Kulturmagazine. Für die Tagesthemen wird darüber hinaus eine Aufstockung der Kulturbeiträge aus dem klassischen Kulturgeschehen sowie eine «verbesserte Koordinierung zwischen ARD aktuell und den Zulieferredaktionen» empfohlen. Als Modell nannte der Rundfunkrat das vom WDR verantwortete Morgenmagazin, «das vor jeder vollen Stunde Einblick in die Kulturszene gibt und zum Beispiel mittwochs mit einem Kulturtipp und donnerstags mit einem Kinotipp aufwartet».

Vor allem im Ersten müssten die Auffindbarkeit und Erkennbarkeit der Kultursendungen verbessert werden. Die Kulturformate müssten daher auch in der ARD zum Markenzeichen entwickelt werden, von denen «mindestens eines wöchentlich in der Prime Time» einzuordnen sei. Schliesslich empfahl das Gremium eine Neuauflage der in den 80er-Jahren vom WDR erstellten Studie «Der WDR als Kultur- und Wirtschaftsfaktor», um die vielfältigen Leistungen des WDR auf diesem Feld zu erforschen.