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Donnerstag
10.06.2004

Das Zürcher Problemquartier der Stadtkreise 4 und 5 beidseits der Langstrasse erhält ein ungewohntes oder ungewohnt gewordenes Kommunikationsmittel: Am 16. Juni erscheint erstmals die «Wandzeitung 4/5». Das plakatgrosse Blatt wird einerseits auf spezielle Plakatständer geklebt und anderseits zusammengefaltet in Läden und Restaurants aufgelegt und gratis abgegeben. Die Publikation ist jeweils auf der einen Seite in deutscher Sprache und auf der anderen Seite in einer der acht meistgesprochenen Sprachen des «Chreis Cheib» abgefasst: Albanisch, Französisch, Italienisch, Portugiesisch, Serbisch, Spanisch, Tamilisch und Türkisch. «Wir wollen mit der Wandzeitung das Selbstwertgefühl und den Zusammengehörigkeitsgedanken des Quartiers stärken», sagte Rolf Vieli am Donnerstag zum Klein Report als Begründung für das Vorhaben. Das städtische Sozialdepartement finanziert die «Wandzeitung» für vorerst zwei Jahre, die Auflage beträgt 2600 Exemplare, das Blatt soll viermal jährlich erscheinen.

Trotz der bescheidenen Auflage und Erscheinungsweise ist zumindest ein Quartierbewohner «explodiert», als er erstmals vom Projekt gehört hat, wie er dem Klein Report gegenüber betonte. Elio Camponovo ist Verleger der ums Überleben kämpfenden Quartierzeitung «Quartierecho» und befürchtet eine Konkurrenz für sein Blatt. Dieses liegt einmal wöchentlich dem städtischen Amtsblatt «Tagblatt der Stadt Zürich» aus dem Tamedia-Verlag bei, seit kurzem im geschrumpften Tabloid-Format. Vieli und das Sozialdepartement hätten ihre «Wandzeitung» ohne jeglichen Kontakt zum «Quartierecho» gestartet, kritisierte er. Dabei wäre es aus seiner Sicht gewiss günstiger gewesen, zusammen etwas auf die Beine zu stellen, statt sich zu konkurrenzieren.

Demgegenüber versicherte Vieli, es sei keine Konkurrenz geplant; die «Wandzeitung» nehme darum keine Inserate an. «Wir wollen eine Ergänzung liefern, die es heute nicht gibt, da das Quartierecho jene Leute nicht erreicht, die nicht Deutsch lesen können», unterstrich Vieli. Mittlerweile hat eine Besprechung zwischen den beiden Kontrahenden stattgefunden, und beide Seiten betonen, das Gespräch suchen zu wollen.