Der weltgrösste Einzelhändler und Discounter, Wal-Mart, ist im Besitz von geschätzten 460 Terabytes Informationen über seine rund 100 Millionen US-Kunden, die wöchentlich einmal in einem der 3 600 Wal-Mart-Geschäfte einkaufen gehen. Diese Daten wurden erstmals auch genutzt, um im Zusammenhang mit den vorhergesagten Hurrikanen die Läden entlang der Verwüstungsspur des Naturereignisses aufzudatieren. So wusste Wal-Mart, dass Konsumenten vor dem Anrücken eines Hurrikans vermehrt Erdbeerkuchen und Bier einkauften, schreibt die «New York Times» in ihrer Sonntagsausgabe.
Wal-Mart geht mittlerweile vom Grundsatz aus, dass Vorhersage besser ist als die Reaktion auf Ereignisse. Dieser Maxime habe sich Linda M. Dillman, Wal-Marts Informationschefin, bedient, bevor der Hurrikan Frances die Küste Floridas erreichte. Aus den gespeicherten Konsumentengewohnheiten wusste Dillman, dass siebenmal mehr Erdbeerkuchen als gewöhnlich in den Shoppingwagen gelegt wurden als zu normalen Zeiten. So schickte die Zentrale in Bentonville, Arkansa, ihre Lastwagenflotte genau in die Zielrichtung der für Frances vorhergesagten Verwüstungsspur.
Gemäss Recherchen der «New York Times» verfügt Wal-Mart über die grösste Konsumentendatenbank weltweit, und laut Expertenschätzungen ist die Informationsfülle doppelt so gross wie die im Internet zur Verfügung stehende Datenmenge. Die Infos sammelt Wal-Mart an den Kassen seiner Supermärkte. Dabei gehe es nicht nur darum, die Bedürfnisse der Konsumenten zu ermitteln; auf Grund der Frequenzen wisse Wal-Mart ziemlich genau, in welchem Supermarkt zu welchem Zeitpunkt wie viele Kassenmitarbeitende notwendig seien.
Dabei würden diese Daten nicht nur von Wal-Mart gehütet, ein privates Extranet namens Retail Link erlaube es etwa einer Unternehmung wie Kraft, nachzuprüfen, wo welche ihrer Produkte am besten verkauft werden. Zum Schutz vor Datenklau seien die Informationssysteme zumeist inhouse programmiert worden. Ausserdem gab Wal-Mart bekannt, seine Daten nicht mehr gegen Geld an Marktforscher wie Information Resources Inc. oder ACNielsen verkaufen zu wollen. Laut «New York Times» hat Wal-Mart in der Vergangenheit rund 4 Mrd. US-Dollar in den Aufbau seiner eigenen Datenbank investiert.
Sonntag
14.11.2004