Content:

Montag
22.10.2007

Nach dem mehrwöchigen Wahlspektakel mit der Fokussierung auf Bundesrat Christoph Blocher durch Parteien und die Medien war man auf die Kommentare nach dem Wahlausgang gespannt. Anstatt endlich wieder in die angestammte Rolle als kritische Beobachter der Politik und der Gesellschaft zu schlüpfen, griffen manche Journalisten wieder theatralisch in die Tasten, als ob sie die «Königsmacher» im Parteiengezänk wären.

Anstatt cool das Wahlfiasko der SP zu kommentieren und den überwältigenden Sieg der SVP dezidiert zu würdigen, wurde bereits eine «Sensation» um Bundesrat Samuel Schmid inszeniert. Der «Blick» mit Bundeshaus-Korrespondent Georges Wüthrich titelte reisserisch: «Zur Belohnung: Siegerin SVP will Schmid loswerden» oder «Um 19.05 Uhr zündete Maurer das `Streichholz Schmid`». Das von SVP-Präsident Ueli Maurer an der SF-«Elefantenrunde» angesprochene Revirement im Bundesrat wird nun vom Boulevardblatt so hoch gespielt, dass eine Abschiebung des «halben Bundesrats» daraus wird. Wer jedoch die Gespräche der Parteipräsidenten am Sonntag am TV verfolgt hat, weiss auch, dass Maurer eher eine versöhnliche Botschaft an die Adresse der FDP lancieren wollte. FDP-Parteichef Pelli hatte vor Wochen als Diskussionsidee angeregt, die drei amtsältesten Bundesräte sollten gemeinsam zurücktreten, um den Bundesrat zu «dynamisieren» und für neue Allianzen Platz zu schaffen.

Zurückhaltender kommentierten der «Tages-Anzeiger», die «Berner Zeitung» und die «Aargauer Zeitung» die so genannte Dreier-Vakanz und wiesen vielmehr auf das von allen Parteipräsidenten geäusserte klare Bekenntnis zur Konkordanz im Bundesrat hin. Michael Hug von der «Berner Zeitung» meinte im Kommentar u. a.: «So kassierte die SP die Quittung für ihre nervtötende Fixierung auf Christoph Blocher. Die FDP staunt weiter akademisch unbeholfen über die Erosion ihrer Wählerschaft».

Der «Tages-Anzeiger» weist zu Recht auf die historische Wahlniederlage der SP hin: «Grösste Schlappe der SP seit 1. Weltkrieg». Die «Neue Zürcher Zeitung» - als einstiges FDP-Parteiblatt – titelte den Kommentar gewohnt diplomatisch: «Konkordanz mit einem rechten Akzent». Die weiteren Sitzverluste der Freisinnigen wollte das Blatt nicht weiter beurteilen.

Urs Buess von der «Basler Zeitung» (BaZ) kommentierte den Wahlausgang vom Sonntag mit der treffenden Schlagzeile: «Zwei Drittel auf der Verliererseite». «Als uneingeschränkte Sieger stehen einzig und allein die SVP und ihre Anhänger da. Sie setzen sich ein für eine konservative, isolationistische Schweiz. Was die Werterhaltung betrifft, stehen unter dem Strich alle anderen auf der Verliererseite - wohl mehr als zwei Drittel der Wählenden.» Der BaZ-Kommentator spricht hier klar und deutlich ein Debakel des Wahlsonntags an: Künftig würden alle Parteien bei wichtigen Themen gegen die SVP-Widerstände anzukämpfen haben.

Als Quintessenz aus diesen Kommentaren in der Schweizer Presse lässt sich eine Rückkehr zum Beobachterstatus feststellen. Die Medien haben sich vom mitinszenierten Wahltheater um Bundesrat Blocher verabschiedet, die Journalisten bemühen sich wieder redlich um eine intelligente Berichterstattung, was die Aufgabe der Medien an sich ist.

Das «Blatt» wieder wenden wird wohl am Donnerstag die SVP-Kampfpostille «Weltwoche» des charakterlich noch nicht ganz gefestigten Jung-Verlegers Roger Köppel. Der wird dann Häme über die Zweidrittel anders Denkender und Wählender (plus zusätzlich 20% Ausländer, die eh nicht wählen dürfen) schütten und sein Spektakel zu Gunsten seiner Hintermänner abziehen.